Ausland13. Januar 2023

Milliarden über Milliarden

NATO-Länder sollen Militärbudgets erhöhen

von Jörg Kronauer

Krieg hat seinen Preis. Das gilt auch dann, wenn man ihn nicht selbst führt, sondern ihn von Dritten führen läßt. Rund 2,2 Milliarden Euro kosteten allein die Waffen, die Deutschland im vergangenen Jahr der Ukraine für deren Schlachten gegen Rußland zur Verfügung stellte. Andere Staaten lieferten noch mehr; Britannien etwa machte allein bis Mitte November gut 4,1 Milliarden Euro für Waffenexporte nach Kiew locker, die USA gar 22,9 Milliarden Euro – und das Ende der Fahnenstange ist damit noch längst nicht erreicht.

Das Kriegsgerät muß nun in den westlichen Beständen ersetzt werden. Das kostet. Und weil oft altes, billigeres Material in die Ukraine verschoben wurde, liegt die Summe, die für die nötigen Neuanschaffungen fällig wird, nicht selten erheblich über den erwähnten Milliardenbeträgen. Der Ukraine-Krieg ist teuer; und dabei ist die Aufrüstung der NATO-Staaten selbst, die ja auch forciert wird, noch gar nicht eingepreist.

Was tun? Einige NATO-Mitglieder, darunter wohl vor allem Polen, die baltischen Staaten, Britannien und die USA, machen Druck: Das bisherige »Bündnisziel«, die Militärbudgets der Mitgliedstaaten auf zwei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung zu steigern, genügt ihnen nicht mehr. Sie seien »entschieden« dafür, die zwei Prozent als »Mindestwert« zu etablieren, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Allein der Bedarf an Munition, den die Ukraine melde, sei enorm.

Es stimmt: Laut Berichten verfeuern ukrainische Soldaten pro Woche bis zu dreimal so viele Artilleriegeschosse aus westlichem Bestand, wie die USA zuletzt monatlich produzierten. Man müsse »mehr investieren«, ließ sich Stoltenberg zitieren. Er wird nun Staaten, die sich noch weigern – genannt werden Deutschland, Belgien und Kanada –, zur Neudeklarierung des Zwei-Prozent-Ziels drängen. Auf dem NATO-Gipfel im Juli im litauischen Vilnius soll darüber entschieden werden.

Dabei ist klar: Die »mindestens zwei Prozent« sind nur der nächste Zwischenschritt. Die USA wenden 3,47 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für ihre Streitkräfte auf, Griechenland sogar schon 3,76 Prozent. Polen will seinen Militäretat dieses Jahr auf gut drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts aufstocken und perspektivisch fünf Prozent erreichen. Drei Prozent der Wirtschaftsleistung – das sind im diesjährigen polnischen Budget knapp 15 Prozent der staatlichen Gesamtausgaben. Deutschland steckte 2022 in etwa 1,44 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts ins Militär. Dazu war bereits ein Militäretat nötig, der rund 10,17 Prozent aller staatlichen Ausgaben verschlang.

Das Ende der Fahnenstange ist dabei noch längst nicht erreicht. Die Folgen für andere Etatposten – Soziales, Gesundheit, Bildung – kann man sich ausmalen. Krieg hat eben seinen Preis.