Heute vor 80 Jahren – Die Razzia der Nazis vom 5. August 1942 gegen die illegal tätige KPL (1)
»Auf besonderen Führerbefehl«
In ihrer Februar-Ausgabe 1942 hatte die »Wahrheit«, die illegale Zeitung der KPL, deren erste Ausgabe im Februar 1941 erschienen war, unter dem Titel »Hitler braucht Soldaten« erstmals über die Absicht der Besatzer berichtet, Luxemburger in die verhasste Wehrmachtsuniform zu pressen: »Wie uns aus glaubwürdiger Quelle mitgeteilt wird, sind in einem bestimmten Büro der Zivilverwaltung die Listen der wehrfähigen Luxemburger bis zum Alter von 40 Jahren bereits fertiggestellt. Ein anderes Büro ist mit der Aufstellung der Listen für die Jahrgänge über 40 voll beschäftigt. Kein Zweifel, dass Hitlerdeutschland in diesem Jahre alles versuchen wird, die allgemeine Wehrpflicht in Luxemburg einzuführen. Den Sorglosen, Allzusorglosen, die gleich mit dem Einwand zur Hand sind, der Einsatz Luxemburgs sei doch zahlenmäßig zu gering, um sich zu lohnen, sei bemerkt, dass, wenn Hitler schon soviel Wert auf den Einsatz der spanischen Blauen Legion legte, obschon dieselbe nur 20.000 Mann zählte, er gewiss 30-40.000 Soldaten aus Luxemburg nicht verschmähen wird. Im Gegenteil: Der Feldzug im Osten hat die Reihen der deutschen Armeen stark gelichtet. Amerikanische Sachverständige schätzten ihre Verluste an Toten, Verwundeten und Gefangenen Ende 1941 auf rund 4,5 Millionen. Hitler braucht im neuen Jahr jeden einzelnen Mann. (…) Soweit darf es überhaupt nicht kommen, schon jetzt muss der Kampf gegen das geplante unerhörte Verbrechen geführt werden. Jeder Widerstand gegen die deutschen Bestrebungen, einerlei auf welchem Gebiet, ist auch ein Kampf gegen die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.«
Illegale KPL um Aktionseinheit der Resistenz bemüht
Dieses Ziel vor Augen, hatten die Kommunisten sich seit Februar 1942 verstärkt darum bemüht, Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen zu knüpfen, insbesondere zur Alweraje, die seit August 1941 eine illegale Zeitung, »Ons Zeidong«, mit dem Untertitel »Ouni Maulkuerf« und mit einer Auflage von 2.500 bis 3000 Exemplaren herausgab.
Im Juli 1942 einigten sich die zwei Widerstandsgruppen darauf, in der »Wahrheit« und in »Ons Zeidong« gemeinsam zur Aktionseinheit der Resistenz im Kampf gegen die Nazis aufzurufen.
In diesem »Appell zur Einigkeit«, von Jean Kill handschriftlich verfasst, wurde die Dringlichkeit eines einheitlichen Zusammenschlusses aller Patrioten ohne Unterschied der Partei und der Weltanschauung hervorgehoben und dazu aufgerufen, gemeinsame Aktionskomitees und einen zentralen Kampfausschuss zu bilden, dem Vertreter aller Resistenzorganisationen angehören sollten.
»Ons Zeidong« veröffentlichte den gemeinsamen Appell im August 1942. In der Augustnummer (Nummer 15) der »Wahrheit« wurde der Appell zur Bündelung der Kräfte der Resistenz als Sonderbeilage abgedruckt. In derselben Ausgabe wurde den von den Nazis ermordeten Mitgliedern des Zentralkomitees der KPL Georges Fedler (ermordet am 20. April 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen), Valentin Adamy (ermordet am 5. Juni 1942 im Konzentrationslager Neuengamme) und J.P. Felten (ermordet am 4. Juli 1942 im Gefängnis Flossenburg) gedacht.
Allerdings konnte die August-Ausgabe der »Wahrheit« nicht mehr verbreitet werden. Der Grund: Am 5. August 1942 führten die Nazis, auf besonderen Führerbefehl, eine groß angelegte Razzia gegen die kommunistische Resistenz durch. Sie beschlagnahmten dabei auch den mechanischen Vervielfältigungsapparat und die Wachsschablonen, die zur Herstellung der »Wahrheit« dienten.
In Trier hatte die Gestapo ein Sonderkommissariat eingesetzt, dessen Aufgabe es war, Informationen über die Resistenzgruppen der KPL im Industriegebiet im Süden Luxemburgs zu sammeln, um die illegalen Gruppen anschließend zu vernichten. Am Vorabend des 5. August 1942 waren SS-Einheiten und reguläre Wehrmachtsverbände nach Luxemburg verlegt worden, um zu einem massiven Schlag gegen die KPL auszuholen.
»Kein Luxemburger stirbt für Hitler. Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still.«
Im Vorfeld der geplanten Zwangsrekrutierung der Luxemburger Jugend für die deutsche Wehrmacht sollte die einzige Resistenzorganisation, die größeren Einfluss unter den Arbeitern des Erzbeckens hatte und sich anschickte, Teile der Resistenz zusammenzuführen, ausgeschaltet werden, um weitere Sabotageakte und Widerstandsaktionen zu verhindern.
Noch einen Tag vor der Razzia hatten die Kommunisten im Hinblick auf die zu erwartende Zwangsrekrutierung in mehreren Betrieben der Stahlindustrie ein Flugblatt verbreitet, mit dem zum Streik aufgerufen wurde: »Kein Luxemburger stirbt für Hitler. Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still.«
(Fortsetzung folgt)