Unstimmigkeiten bei einstigen »Hoffnungsträgern«
In den Reihen der griechischen Oppositionspartei Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA), kriselt es heftig, berichtet die »Griechenland Zeitung« unter der Überschrift »Spaltungstendenzen bei SYRIZA«. Am Montag hat der EU-Abgeordnete Stelios Kouloglou die Partei verlassen; mitgeteilt habe er das in einem scharf formulierten Brief an den neuen Parteichef Stefanos Kasselakis. Er werde weiterhin als unabhängiger Volksvertreter und als Mitglied der Partei der Europäischen Linken im EU-Parlament tätig sein, stellte er klar.
Kouloglou kritisierte vor allem einen »Mangel an Ernsthaftigkeit« innerhalb der Partei. Indirekt schob er die Verantwortung dafür Kasselakis zu, der erst im September die politische Bühne Griechenlands betreten hatte und unerwartet zum SYRIZA-Vorsitzenden gewählt wurde, schreibt Elisa Hübel in der deutschsprachigen Zeitung Griechenlands.
Dabei habe Kouloglou darauf aufmerksam gemacht, daß die Medien vermehrt über das Privatleben von Kasselakis berichtet – er lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung – während der konservative Premierminister »ungestört Politik in den Medien und Nachrichtensendungen machen« könne. Der Journalist und Regisseur Kouloglou kritisiert eine »unerträgliche Situation« innerhalb der Partei. Er warf Kasselakis zudem vor, keine Beziehung zur griechischen Realität zu haben.
Der neue Parteichef hatte erst am Freitag Stefanos Tzoumakas aus der Partei ausgeschlossen und ihm vorgeworfen, öffentlich nicht die Misotakis-Regierung, sondern stattdessen die eigene Partei zu kritisiert zu haben. Der 77-jährige Tzoumakas, Mitbegründer von SYRIZA, früherer Minister in der Regierung unter Alexis Tsipras, war im September einer der Mitbewerber um den Parteivorsitz. Er hatte zuvor im Fernsehen die Ansicht vertreten, daß Kasselakis nicht von selbst zu SYRIZA gestoßen sei. »Er wurde uns von außen gebracht«, sagte er im populären Sender SKAI TV, »nicht passiert einfach von selbst«.
Nach dem Rauswurf des Opponenten forderte der ehemaligen Bildungsminister Nikos Filis (2015-2016) das Zentralkomitee von SYRIZA dazu auf, eine Entscheidung zu treffen, ob auch er die Reihen der Partei verlassen müsse. Außerdem kritisierte er, daß die Reden von Kasselakis viele Gemeinsamkeiten mit jenen des konservativen Premierministers Kyriakos Mitsotakis hätten. Dem amtierenden Parteichef warf er obendrein vor, keine Ahnung von der demokratischen Kultur der SYRIZA-Partei zu haben.
Angesichts dieser Entwicklungen werden Gerüchte über eine Spaltung von SYRIZA immer lauter, heißt in der »Griechenland Zeitung«. Zwar habe Kasselakis mit knapper Not bei einer Sitzung des Politischen Büros seinen Vorschlag durchsetzen können, daß vom 23. bis 25. Februar ein Parteikongreß durchgeführt wird, doch immerhin zehn der 42 Mitglieder stimmten dagegen und weitere acht enthielten sich der Stimme. Am 11. und 12. November steht noch eine Sitzung des Zentralkomitees ins Haus. Auch dort dürfte der neue SYRIZA-Steuermann mit scharfem Gegenwind zu kämpfen haben.