Ausland05. September 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Lage am AKW Saporoshje »sehr fragil«

Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergieagentur IAEA, Rafael Grossi, hat die Situation am von russischen Soldaten kontrollierten Atomkraftwerk Saporoshje im Süden der Ukraine als »sehr fragil« bezeichnet. Es könne jederzeit zu Lageveränderungen beispielsweise durch Drohnen-Einschläge kommen, sagte Grossi im Gespräch mit Journalisten in Kiew vor seiner Abreise zu dem Kraftwerk (Foto).

Er wolle sich einen Eindruck von der Lage vor Ort verschaffen. Eines der Gesprächsthemen werde die Situation der immer wieder durch ukrainischen Beschuß beschädigten Stromversorgung für die Kühlungssysteme des Kraftwerks sein. Das Atomkraftwerk Saporoshje ist mit einer Gesamtleistung von 6.000 Megawatt das größte Atomkraftwerk Europas und steht seit März 2022 unter Kontrolle der russischen Armee. Mehrere ukrainische Angriffe zur Rückeroberung scheiterten. Zur Verminderung der radioaktiven Risiken sind alle sechs Blöcke heruntergefahren worden. Beobachter der IAEA sind seit September 2022 vor Ort.

Grossi sprach in Kiew unter anderem mit Präsident Selenski. Dabei sei auch die Situation um das russische Atomkraftwerk Kursk diskutiert worden. Selenski habe zugestimmt, daß Atomkraftwerke in keinem Fall angegriffen werden dürfen, sagte Grossi. Laut Militärbeobachtern aus Kiew haben sich ukrainische Truppen bei ihrem Angriff im russischen Gebiet Kursk dem gleichnamigen Atomkraftwerk bis auf etwa 30 Kilometer genähert.

Angriffe in Gaza dauern an

Ungeachtet der laufenden Impfkampagne gab es bei weiteren Angriffen Israels im Gazastreifen erneut viele Tote. Seit der vergangenen Woche geht Israels Armee nach eigenen Angaben im Stadtteil Tal al-Sultan in Rafah im Süden »gegen die Hamas und andere Extremisten« vor. Angriffe wurden auch aus weiteren Gebieten gemeldet. Laut der Gesundheitsbehörde von Gaza wurden innerhalb von 24 Stunden 42 Menschen bei israelischen Angriffen im Gazastreifen getötet und weitere 107 verletzt. Seit Kriegsbeginn wurden mindestens 40.861 Personen in dem Palästinensergebiet getötet.

VW-Mitarbeiter protestieren

Mit scharfen Protesten haben Beschäftigte bei VW auf Sparpläne des Managements reagiert. Mitarbeiter begrüßten den Vorstand bei einer Betriebsversammlung mit Transparenten: »Hände weg von der Beschäftigungssicherung«. Auf einem anderen wurde dem Vorstand mit Blick auf mögliche Gehaltskürzungen »Doppelmoral« vorgeworfen. Der Betriebsrat sprach von mehr als 16.000 Teilnehmern. Tausende in der Halle skandierten »Wir sind Volkswagen, ihr seid es nicht!«, als die Vorstände auf der Bühne Platz nahmen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hatte zuvor von großer Verunsicherung in der Belegschaft gesprochen und erheblichen Widerstand gegen die Pläne des Vorstands angekündigt. Die VW-Spitze verteidigte ihren Sparkurs. »Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen«, sagte Konzern-Finanzchef Arno Antlitz.

»Regierungsumbau« in der Ukraine

Kiew – Mitten im Krieg mit Rußland hat das ukrainische Parlament mehrere Minister »auf eigenen Wunsch« aus dem Dienst entlassen und damit einen von Präsident Selenski angekündigten »Regierungsumbau« eingeleitet. Angenommen wurden die handschriftlich verfaßten Rücktrittsgesuche von Vizeregierungschefin Olga Stefanischina, Justizminister Denis Maljuska, Rüstungsminister Olexander Kamischin und Umweltminister Ruslan Strilez, berichteten ukrainische Medien. Nur Maljuska und Kamischin waren persönlich in der Obersten Rada erschienen und hatten über ihre Amtszeit Bericht erstattet.

Mit Maljuska stellt der dienstälteste Minister im Kabinett von Regierungschef Denis Schmigal sein Amt zur Verfügung. Der Justizminister hatte das Amt seit August 2019 bekleidet. Nicht abgestimmt wurde über das erst am Morgen eingereichte Entlassungsgesuch von Außenminister Dmitro Kuleba.

Die Entlassungen von Vizeregierungschefin Irina Wereschtschuk und des Chefs des Fonds für Staatseigentum, Witalij Kowal, scheiterten zunächst an fehlenden Stimmen. Abgeordnete hatten kritisiert, daß abgestimmt werden sollte, ohne daß die Kandidaten zuvor Rechenschaft abgelegt hatten. Für Donnerstag wird eine Wiederholung der Abstimmung erwartet. Kowal ist Medienberichten zufolge als neuer Landwirtschaftsminister im Gespräch. Wereschtschuk soll ins Präsidentenbüro wechseln.

Die entlassene Stefanischina ist erneut als Vizeregierungschefin für EU- und NATO-Integration vorgesehen und soll daneben auch das Justizministerium erhalten. Kamischin wird ein neuer Posten im Präsidentenbüro zugeschrieben. Dabei soll er weiterhin für die Rüstungsindustrie zuständig bleiben. Auf den vakanten Posten des Umweltministers soll die derzeitige Vizeenergieministerin Swetlana Grintschuk nachrücken.

Nicht berührt von den Umbauten sind das Finanz-, Innen- und das Kriegsministerium. Auch die nach Medienberichten anvisierte Auswechslung von Ministerpräsident Denis Schmigal durch die bisherige Vizeregierungschefin und Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko scheint vorerst vom Tisch zu sein.

Bereits am Vortag waren Rücktrittsgesuche von mehreren Ministern im Parlament eingegangen. Der Fraktionschef der (nach einer früheren TV-Serie mit dem Schauspieler Selenski benannten) Präsidentenpartei »Diener des Volkes«, David Arachamija, hatte dazu geschrieben, daß über die Hälfte der Ministerposten neu besetzt werde. Dem waren Ankündigungen von Präsident Selenski vorangegangen, wonach die Regierungsarbeit durch Neubesetzungen verbessert werden soll.

Zum Sinn der Kabinettsumbildung wird spekuliert. Viele entlassene Regierungsmitglieder bleiben – wenn auch in anderer Position – voraussichtlich in hohen Ämtern. Kritiker sehen die Umbesetzungen als Aktionismus, um Veränderungen vorzutäuschen. Die anhaltend schwere Lage an der Front und die Probleme bei der Energieversorgung lassen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der eigenen Führung wachsen.

Nullrunde bei Bürgergeld angekündigt

Berlin – Nach einem Anstieg in diesem Jahr soll es beim Bürgergeld 2025 eine Nullrunde geben. Das sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Sendung »Frühstart« von RTL und ntv. Bei hoher Inflation müßten auch die Regelsätze entsprechend angepaßt werden. Nun sei die Teuerungsrate aber »kräftig gesunken«. Deshalb sei der Rechtsmechanismus so, daß es Anfang 2025 keine Erhöhung beim Bürgergeld geben werde. »Das ist auch richtig so«, sagte der Minister.

Anfang 2024 waren die Beträge, die die Bezieher von Grundsicherung erhalten, nach oben gegangenen – für Alleinstehende um 61 auf 563 Euro im Monat. Insgesamt bekamen Bürgergeld-Empfänger zwölf Prozent mehr Geld vom Staat als 2023. Erwachsene, die mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben, kommen auf 506 Euro. Für Kinder und Jugendliche liegen die Sätze je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro.

Die mitregierende FDP hatte bereits grundlegende Reformen beim Bürgergeld gefordert. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte gar eine »eine Anpassung nach unten« ins Spiel gebracht.

»Vergiftete Stimmung verhindert Frieden«

New York – Angesichts zahlreicher Konflikte und Zehntausender getöteter Zivilisten in Kriegen wirft der derzeitige Präsident des UNO-Sicherheitsrates den fünf Ständigen Mitgliedern mangelnden Willen für Lösungen vor. »Die Stimmung ist nicht angenehm. Es ist eine vergiftete Stimmung im Rat«, sagte der slowenische Botschafter bei der UNO, Samuel Žbogar in New York. Žbogar wird dem UNO-Gremium im September vorstehen.

Die Verantwortung für die anhaltende Blockade des Sicherheitsrates sieht er vor allem bei den fünf ständigen Mitgliedern USA, Rußland, China, Britannien und Frankreich. »Wegen dieser Uneinigkeit unter den permanenten fünf Mitgliedern ist es dem Rat unmöglich, energischer vorzugehen«, sagte Žbogar. Selbst wenn es gelinge, eine wichtige Resolution zu verabschieden, geschehe das praktisch nie einstimmig. Dies liege unter anderem an Rußland oder den USA.

»Ich denke, das ist es, was falsch läuft«, sagte der Botschafter. Nur Einigkeit könne Erfolg bringen. Dafür brauche es auch ein Ende des Krieges in der Ukraine.

Für eine große Debatte am 25. September mit dem Titel »Führungsrolle für Frieden« erwartet Žbogar eine hochkarätige Teilnahme. Die Sitzung wird während der gut eine Woche dauernden Generaldebatte der UNO-Vollversammlung stattfinden, zu der Ende des Monats mehr als 140 Staats- und Regierungschefs in New York erwartet werden.

Frankreichs Ex-Premier Philippe will Präsident werden

Paris – Frankreichs früherer Premierminister Édouard Philippe will der nächste französische Präsident werden. »Ich werde bei der nächsten Präsidentschaftswahl Kandidat sein«, sagte der Politiker aus dem rechts-konservativen Spektrum dem Magazin »Le Point«. Planmäßig wird 2027 wieder ein neuer französischer Präsident gewählt. Der aktuelle Staatschef Emmanuel Macron kann nach zwei Mandaten nicht mehr antreten.

Philippe, der von Mai 2017 bis Anfang Juli 2020 unter Macron Regierungschef war, gilt als eher beliebter Politiker. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos gaben im Juni 36 Prozent der Befragten an, sehr oder eher zufrieden zu sein, sollte der derzeitige Bürgermeister des nordfranzösischen Le Havre Präsident werden. Philippe erreichte damit den höchsten Zustimmungswert der abgefragten Persönlichkeiten. Der 53-Jährige hatte vor knapp drei Jahren seine Partei Horizons ins Leben gerufen, die Teil von Macrons Lager ist. Schon länger wurden Philippe Ambitionen für eine Präsidentschaftskandidatur nachgesagt.

»Zusammen gegen Extremismus und Intoleranz«

Papst Franziskus wirbt für Dialog

Jakarta – Papst Franziskus hat bei einem Besuch in Indonesien – dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt – für einen engeren Dialog zwischen den Religionen geworben. »Auf diese Weise können Vorurteile abgebaut werden und ein Klima gegenseitigen Respekts und Vertrauens entstehen, das für die Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen unabdingbar ist«, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche bei einem Treffen mit Präsident Joko Widodo in der Hauptstadt Jakarta.

Indonesien ist erste Station von Franziskus' bislang längster Auslandsreise. In dem südostasiatischen Staat leben mehr als 240 Millionen Muslime – so viele wie in keinem anderen Land. Nur etwa 8 Millionen der Bevölkerung sind Katholiken. Weitere Stationen der zwölftägigen Reise sind die beiden Inselstaaten Papua-Guinea und Osttimor sowie Singapur.

Bei dem Treffen im Präsidentenpalast nannte Franziskus als gemeinsames Ziel von Christentum und Islam den Kampf gegen »Extremismus und Intoleranz, die versuchen, sich mithilfe von Täuschung und Gewalt durchzusetzen, indem sie die Religion verfälschen«.

Greta Thunberg in Kopenhagen festgenommen

Kopenhagen – Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg ist bei einem Protest vor einem Verwaltungsgebäude der Kopenhagener Universität (KU) gegen den Angriffskrieg des Staates Israel gegen Gaza in der dänischen Hauptstadt vorübergehend festgenommen worden. Fotos sowie ein Video der Organisatoren der Aktion auf Instagram zeigten, wie die 21-Jährige vor einem Universitätsgebäude von Polizisten abgeführt wurde. Dabei trug sie ein Palästinensertuch um den Hals. »You are not alone!« (Du bist nicht allein), riefen Mitstreiter ihr dabei immer wieder zu.

Die Kopenhagener Polizei meldete die Festnahme von sechs Demonstranten, ohne zu bestätigen oder zu dementieren, daß Thunberg darunter ist. Den Festgenommenen werde Hausfriedensbruch vorgeworfen, schrieb die Polizei auf der Online-Plattform X.

Thunberg selbst erklärte auf Instagram, man protestiere, weil die Universität nicht auf Forderungen unter anderem zu einem institutionellen akademischen Boykott eingegangen sei. Die Demonstranten forderten, daß die KU jegliche Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten aufgrund des Gaza-Kriegs einstellen müsse.

Dazu wird die Universität seit längerem von der Gruppe Studerende mod Besættelsen (Studierende gegen die Besetzung) aufgefordert, die die Protestaktion organisiert hatte. Die Verwaltungs- und Museumsgebäude der Universität liegen im Stadtkern von Kopenhagen.

Greta Thunberg engagiert sich seit längerer Zeit für den Frieden im Nahen Osten und trägt oft demonstrativ ein Palästinensertuch. Sie ist bereits mehrmals bei Protesten gegen den Krieg Israels festgenommen worden, so auch beim ESC in Stockholm, wo sie mit Hunderten gemeinsam gegen die Teilnahme Israels an dem europäischen Musik-Contest protestierte.


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