Luxemburg17. August 2024

Würde nicht Hass geschürt, wäre es bloß Zeitverschwendung

Halbwahrheiten sind keine Fakten

von KP

Wir leben nicht in »verrückten Zeiten«, sondern in Zeiten, wo viele »verrückt sind«, was zuweilen derartige Ausmaße annimmt, dass der soziale Frieden auf dem Altar rechtskonservativer Ideologien geopfert wird.

Ein treffendes Beispiel hierfür ist die bereits siebte Ausgabe des »RIAL«-Berichtes. Eine Publikation, die vorgibt, in aller Objektivität und auf wissenschaftlichen Grundlagen basierende Recherchen und Informationen zum in Luxemburg vorherrschenden Antisemitismus zu liefern. Hundertelf Seiten, die einzig als Anklage herhalten und interessanterweise auch von der Regierung mit etwas Übereifer als glaubwürdig dargestellt und im politischen Narrativ übernommen werden. Die Autoren dieses Berichts wollen mit ihrem Sammelsurium von Screenshots aus den sozialen Medien und Internetseiten den Beweis liefern, dass in Luxemburg dunkle Mächte den Antisemitismus befeuern. Dass es den sogenannten »Judenhass« auch in Luxemburg gibt, ist unbestritten. Das Ausmaß allerdings entspricht nicht der im RIAL-Bericht dargestellten Lage. Das mag man nun aktualitätsbezogen sehr differenziert betrachten, dennoch ist diese eingeschränkte Sichtweise höchst befremdlich, ja sogar gefährlich.

Man mag wohl Verständnis haben, dass der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, der seit dem 7. Oktober immer noch anhält und sich mittlerweile zum als Völkermord geltenden Konflikt entwickelt hat. Das macht das Zusammenleben zwischen gläubigen Muslimen und Juden nahezu unmöglich und ist kein Lösungsansatz. Sich, wie es im RIAL-Bericht suggeriert wird, von den Rechten der in Gaza und im Westjordanland lebenden Palästinensern zu verabschieden, wäre jedoch ein Verbrechen.

Anklagen, ohne sich auf den Ursprung der sich über 70 Jahre hinziehenden Apartheidpolitik des (politisch-religiösen) Staates Israels zu beziehen, beweist, wie unwissend der knetbare Mensch in Wirklichkeit ist. Aber wie erklärt man einem »Unwissenden«, dass Palästinenser auch Semiten sind? Klingt verrückt, ist aber so…

Dass die jüdische Gemeinschaft in Europa im Kontext von »Nazi-Deutschland« sehr gelitten hat, wird niemand bestreiten wollen. Dass seinerzeit auch andere (Kommunisten, Priester, Schwule, etc.) versklavt und ermordet wurden, scheint nur in Nebensätzen dem politischen Narrativ zu entsprechen. Dies erklärt wohl auch, warum der kritische Umgang mit einer überdeutlich faschistoiden Ausrichtung des Staates Israel als antisemitische Haltung dargestellt wird.

Dies ist in beschämender Weise das letztlich einzige Fazit, das der RIAL-Bericht 2023 zulässt. Ja, es gibt inhaltlich Fakten, die dann wieder durch einen Überschuss an Halbwahrheiten von den Autoren derart ad absurdum getrieben werden, dass nur ohnehin die gleiche Linie vertretenden Mitläufer ihre schwarze Seele gepinselt sehen. Und weil alles gut in den aktuellen politischen Kontext passt, ist es der Regierung wohl auch egal, dass die angewandte Methodologie auf keinerlei wissenschaftliche Referenz oder Substanz verweisen kann.

So ist Premier Luc Frieden (CSV) hellauf begeistert, wenn Propagandisten und faschistoide Hetzer mit ihrem »holistischen« Ansatz bei der »Sammlung von Daten« die Datenlücken der Regierungsdienste füllen. Seine Mitstreiter in Regierungskreisen werden sich gefallen lassen müssen, dass ihnen diese Lesart auch unterstellt wird. Dabei ist es nicht weniger als eine Form der Islamophobie, die nicht nur einen Spalt in die Gesellschaft treibt, sondern ganz klar und zweifelsfrei den Sozialfrieden im Land aufs Spiel setzt.

Als Fazit sollte bleiben: Wer für den Frieden eintritt, ist kein Antisemit. Das gilt auch für jeden, der sich gegen die Besetzung, Apartheid und Landraub ausspricht. Eine Zweistaatenlösung mag als utopischer Gedanke bewertet werden, ist aber letztendlich der einzige Weg zum Frieden. Die Alternative ist gleichbedeutend mit dem Genozid des palästinensischen Volkes.

KP