Luxemburg03. Juli 2024

Arme Kinder haben arme Eltern

OGBL: Kinderarmut ließe sich auch mit Mindestlohn- und REVIS-Erhöhung bekämpfen

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So banal es klingt: »Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind.« Mit diesem Satz reagierte seine Präsidentin Nora Back am Dienstag auf der Pressekonferenz nach der Sitzung des OGBL-Nationalvorstands auf die Entdeckung der Kinderarmut im Land durch Premier Luc Frieden. In seiner ersten »Rede zur Lage der Nation« habe der Premier leider weiter die neoliberale These vom »Trickle-Down-Effekt« vertreten, also die längst widerlegte Behauptung, daß der Wohlstand der Reichsten nach und nach in die unteren Klassen der Gesellschaft durchrieselt und so Wirtschaftswachstum entsteht und gleichzeitig die soziale Ungleichheit abgebaut wird.

Der OGBL begrüße es, daß in Friedens »Rede zur Lage der Nation« viel über Kinderarmut gesprochen wurde, so Nora Back, doch diese lasse sich »nicht nur mit einer Simplification administrative« abbauen. Vielmehr müßten der gesetzliche Mindestlohn und das REVIS (»Einkommen zur sozialen Eingliederung«) sowie die Familienleistungen »endlich deutlich erhöht« und der höchste Anteil an »Working poor« unter den Ländern mit der Einheitswährung endlich abgebaut werden.

Davon habe der Premier leider genauso wenig gesprochen, wie von der schon von der Vorgängerregierung aus DP, LSAP und Déi Gréng hoch und heilig versprochenen, aber nicht gehaltenen »großen Steuerreform«. Die Fiskalpolitik, so die Gewerkschaftspräsidentin, sei nämlich der beste Weg, die zwischen Arm und Reich klaffende Schere wieder etwas zusammenzuführen. Bislang jedoch hätten Frieden & Co. »vor allem den Betrieben« für nächstes Jahr Steuersenkungen in Aussicht gestellt. Auch an einer automatischen Anpassung der Steuertabelle an die Inflation hält der OGBL zur Verhinderung einer »kalten Progression« fest, Gleiches gilt für seine Forderung nach einer höheren Besteuerung von Kapitalerträgen und Erbschaften.

Doch zunächst erging an die Regierung aus CSV und DP der dringende Appell der Gewerkschaft, in Luxemburg nicht die Fehler des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu wiederholen, die sich am Sonntag beim ersten Durchgang der vorgezogenen Parlamentswahlen in 33 Prozent für den rechtsradikalen RN niedergeschlagen hätten. Macron habe schon den Manifestationen der »Gilets jaunes« vor fünf Jahren keinerlei Beachtung geschenkt, während auch in Frankreich die sozialen Ungleichheiten und die Zukunftsängste vor allem unter jungen Menschen seitdem deutlich zugenommen hätten. Der OGBL sei zwar »unabhängig, aber nicht politisch neutral« und fordere eine klare Abgrenzung gegen rechte Hetzer. Insbesondere der RN sei »der Feind der schaffenden Menschen«.

Zur weiter wachsenden Wohnungsnot hieß es, man sei froh, daß die Regierung verstanden habe, »daß es eine Krise gibt«, doch das hätten schon andere Regierungen verstanden. Jedenfalls weigerten sich auch CSV und DP, das Übel »an der Wurzel zu packen und einen Paradigmenwechsel einzuleiten«. Das hieße, so Nora Back, »die Preise zu senken und die Spekulation teuer zu machen«. Dazu seien ein wirksamer »Mietpreisdeckel« und »deutlich mehr Mietwohnungen in öffentlicher Hand« unabdingbar.

Zur völlig überraschenden Ankündigung einer Renten-»Reform« durch die Regierung erklärte die OGBL-Präsidentin, mit ihrer Gewerkschaft sei eine Verschlechterung der Leistungen für die Versicherten genauso wenig zu machen, wie eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Beides sei angesichts einer stattlichen Reserve in Höhe von 27 Milliarden Euro auch gar nicht nötig.