Für wen gibt’s Geschenke?
Nachdem die neue Regierung sich nun auch zum Thema Arbeitswelt in Luxemburg geäußert hat, bleibt festzustellen, daß die kommenden Monate und Jahre durchaus anstrengend werden für all jene, die im Interesse der Lohnabhängigen an vorderster Front für Fortschritte streiten. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich dürfte vom Tisch sein. Außer einer armseligen Nebelkerze in der vergangenen Legislaturperiode konnte die LSAP in all den Jahren an der Macht keinerlei Erfolge in diese Richtung vermelden, obschon ihre Führungspolitiker in den letzten Tagen fleißig auf Facebook und Co. Verkündeten, daß unter der neuen Regierung dieses Thema nun kaltgestellt sei. Wie soll jemand, der in so vielen Jahren Regierungszugehörigkeit nichts progressives geschaffen hat, eher im Gegenteil, nun abnehmen, die rote Fahne der Salariatsbewegung auf die Oppositionsbank zu tragen?
Daß die Sonntagsarbeit in Stein gemeißelt und auf acht Stunden ausgedehnt wird, war ohnehin abzusehen. All der Kampf gegen die Sonntagsarbeit, etwa im Einzelhandel, ist seit Jahren verloren. Aufgrund der Personalstruktur in vielen Geschäften ist der Widerstand gering. Problematisch allerdings ist es, wenn weiterhin nur ein kleiner Teil der Betriebe in Luxemburg kollektivvertraglich geregelt ist. Der »Sozialdialog«, welchen auch diese Regierung wieder ins Schaufenster stellt, dürfte in der Mehrheit der Betriebe also nicht wirklich einer sein.
Es ist deutlich, auf wessen Seite die neue Regierung steht und wer hier »méi an der Täsch« bekommen soll. Das Problem: Viele Menschen wählen nicht mehr politisch, lesen keine Wahlprogramme mehr und sind auch nicht mehr gewerkschaftlich organisiert. Dabei wäre es gerade jetzt, wo viele der angesprochenen Errungenschaften scheibchenweise zurückgenommen werden sollen oder zumindest in Kältestarre versetzt werden, an der Zeit, sich darauf zu besinnen, welche Wirkung und welchen Wert die Organisation in einer Gewerkschaft hat. Seine eigenen Ideen in Gewerkschaftspolitik mit einzubringen und in der Masse stark zu sein, Druck zu machen.
Dazu gehört, zu verstehen, daß eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf Basis der demographischen Entwicklung falsch und patronatsfreundlich ist. Dazu gehört, zu verstehen, daß eine Forderung nach kürzerer Wochen- und Lebensarbeitszeit nicht weniger Einkommen bedeutet, und daß Mitbestimmung im Betrieb keine Bittstellerei, sondern ein legitimes Recht ist. Die Menschen investieren ihre Arbeitskraft und ihre Lebenszeit, um ein Auskommen zu verdienen. Eigentlich sind die »Arbeitnehmer« in Wahrheit die Arbeitgeber. Dieser Begriff allein zeigt, wie die Bewegung in den letzten Jahrzehnten entschärft wurde.
Darum sollte der finanzielle Beitrag einer Gewerkschaftsmitgliedschaft keine Hürde sein, wenn es darum geht, etwas zu bewegen. Die sozialen Errungenschaften früherer Generationen dürfen nicht auf dem Silbertablett präsentiert werden.
Die vergangene sozialliberale Regierung hatte keine Geschenke zu verteilen an die berufstätige Masse in Luxemburg, und die neue wird ihre Geschenke nur in eine Richtung senden, auch wenn derzeit noch sprachlich getrickst wird, wenn es um die Reorganisation der Arbeit geht, um die Katze nicht vollends aus dem Sack zu lassen.
Wer in vier Wochen die schönsten Geschenke unterm Baum hat, wird sich sehr bald zeigen.