Regime Change in Sambia?
Im Kampf um das »neue Öl« – Erze und Mineralien für die IT-Industrie – hat der Imperialismus eine weitere Basis gewonnen: Zunächst nach dem Wahlsieg von Tsishekedi in der Demokratischen Republik Kongo das begehrte Coltan und nun in Sambia das nicht minder gefragte Kupfer.
Am 24. August trat Hakainde Hichilema, »HH« von seinen Anhängern gerufen, sein Amt als Staatspräsident Sambias an, einem Land, das seit dem Bau der Tazara-Bahn in den 70er Jahren als »strategischen Freund« Chinas galt. Seit den Wahlen 2006 »ewiger Opponent« (»Le Monde Afrique«) und 2016 nur knapp unterlegen, wurde Hakainde Hichilema noch 2017 verhaftet, wobei ihm Umsturzabsichten vorgehalten wurden. Nach vier Monaten freigelassen, konnte der erfolgreiche Unternehmer den sechsten Anlauf nehmen, das Land aus der von den Medien beschworenen »Schuldenfalle« zu befreien. »Seine Wahl war weniger seiner Popularität geschuldet und mehr ein Ausdruck der Frustration mit Lungus Wirtschaftspolitik« faßte das Institut für Sicherheitsstudien (ISS Africa) am 19. August zusammen.
Während Präsident Edgar Lungu die Strategie verfolgte, das Land mit Investitionen in die Infrastruktur des Verkehrs-, Bildungs- und Gesundheitssystems zu entwickeln, profitierte Hakainde Hichilema davon, daß sich in den letzten Jahren die sozialen Widersprüche zugespitzt hatten, befördert von den Folgen des Verfalls des Kupferpreises, des Klimawandels und der Covid-19-Pandemie. Präsident Lungu hatte es versäumt, die Dialektik der berühmten Faustformel seines Kollegen, des von Julius Nyerere beeinflußten Staatspräsidenten von Tansania John Magafuli zu beachten: »Landwirtschaft = Leben, Industrie = Entwicklung«. Die Möglichkeiten des Landes wurden nicht genutzt für das Wohl des Landes, so daß die der deutschen Regkierung nahestehende Marketing-Agentur »Germany Trade & Invest« (GTAI) zu der Schlußfolgerung kam: »Mit Potential in die Pleite«.
Hakainde Hichilema nutzte die grassierende Unzufriedenheit und mobilisierte mit dem Slogan »Man kann die Straßen nicht essen« vor allem die jungen Wähler, und dies bei einer Wahlbeteiligung von 70 Prozent. In den sozialen Medien trommelte das »China bashing« mit »Say no to China«.
Über die Hälfte der Bevölkerung Sambias lebt in Armut, lediglich von dem, was der Boden hergibt. Dabei ist hat Sambia 3,8 Millionen Hektar fruchtbares, bebaubares Ackerland, in den Augen der deutschen Wirtschaft »ein großes landwirtschaftliches Potential«. Die Agrikultur erwirtschaftete 2020 aber nur 2,73 Prozent des Bruttosozialprodukts, wie Samuel Chonya in der »Lusaka Times« analysierte. Zum Vergleich: Der Anteil der Landwirtschaft am BSP in Tansania betrug im gleichen Jahr 26,74 Prozent. Damit dürfte bereits eine zentrale Baustelle des neuen Präsidenten verortet sein: Arbeitsplätze für die Jugend. Es wird sich zeigen, ob der neue Präsident von der Armutsbekämpfung in China lernt und staatlichen Fördergelder in nachhaltige, Arbeitsstellen schaffende Agrar-Projekte steckt, oder ob er multinationalen Agrarkonzernen die Türen weit öffnet für den Anbau von diversen Monokulturen. In seiner Antrittsrede versprach er »eine neue Ära« … niemand solle hungrig zu Bett gehen, und lud dazu vornehmlich den privaten Sektor ein.
Ex-Präsident Edgar Lungu war es im letzten November beschieden, die Kreditzinsen für die am internationalen Markt aufgenommenen Eurobonds in Höhe von 3 Milliarden Dollar nicht bedienen zu können, die Zahlungsunfähigkeit des Landes offenzulegen. In der Schwächen-Stärken-Analyse von GTAI wird erwartet, daß China hilft und mit der Restrukturierung ihrer Kredite die Lage stabilisiert, was »die Bereitschaft zur Umschuldung auch bei den Gläubigern der Eurobonds erhöhen« könnte. Die positiven Erfahrungen mit der Umschuldung des Wasserkraftwerk-Projekts von Kafue Gorge ermutigen dazu.
Auch Präsident Hakainde Hichilema wird die Abbau-Lizenzen für Kupfer – ebenso wie Präsident Tsishekedi in der DR Kongo mit Coltan – einem Audit unterziehen. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds werden ihrerseits die sattsam bekannten neoliberalen »Anpassungsreformen« einfordern, um das Investitionsklima aufzuheitern, was nichts anderes bedeutet als Privatisierung von nationalem Eigentum, Verkauf von staatlichen Unternehmen, begleitet durch Kürzungen bei sozialen Ausgaben für Bildung, Gesundheit etc. – eine »Wirtschaftsreform« steht auf der Agenda. Bietergefechte werden zu erwarten sein. Es wird sich zeigen, ob es den USA-Monopolen wie in Äthiopien im Kampf um Telekom gelingt, die chinesische Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen.