Massenentlassungen durch die Hintertür
Gewerkschaften OGBL, LCGB und Aleba appellieren an »soziale Verantwortung« von Großbanken wie J.P. Morgan
Seit mittlerweile 51 Jahren ist die J.P. Morgan Luxembourg, ein Ableger der US-amerikanischen Großbank JPMorgan Chase, am hiesigen Bankplatz vertreten. Wie bei den anderen ausländischen Finanzkonzernen auch, werden Strategieentscheidungen in den jeweiligen Konzernzentralen an der New Yorker Wallstreet, in der City of London oder in Frankfurt am Main getroffen, während das hiesige Management der Ableger diese Beschlüsse dann nur noch gegenüber den Salariatsvertretern und der Regierung zu »kommunizieren« hat.
Nachdem die im Banksektor aktiven Gewerkschaften OGBL, LCGB und Aleba Mitte Juli auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt hatten, ihre Verhandlungsdelegationen würden ihren jeweiligen Gremien empfehlen, dem mit dem Patronatsdachverband ABBL in fast einjährigen zähen Verhandlungen ausgehandelten neuen Bankenkollektivvertrag zuzustimmen, kritisieren sie nun in einer gemeinsamen Presseerklärung, mittlerweile sei es leider auch hierzulande üblich, daß Banken und Finanzkonzerne wie »insbesondere die J.P. Morgan Luxembourg« Massenentlassungen (»licenciements collectifs«) durch die Hintertür durchführen, um nicht – wie jedoch im luxemburgischen Arbeitsrecht vorgeschrieben – mit den Salariatsvertretern einen sogenannten Sozialplan aushandeln zu müssen, der darüber hinaus ihrem »Ruf« schaden könne. Diese Patronatsmethoden, so die drei Gewerkschaften weiter, würfen »ethische Fragen und Fragen der sozialen Verantwortung auf«.
Fürs Patronat zählt nur die Rentabilität
Vor allem gehe es dem Patronat bei der »Verschleierung von Massenentlassungen« aber darum, »Kosten zu sparen«. Zu den gängigsten Methoden des Patronats gehörten Outsourcing, also die Ausgliederung ganzer Abteilungen eines Unternehmens, sowie die Zahlung »lächerlich geringer Abfindungen«.
»Es ist zutiefst beunruhigend«, heißt es im Pressekommuniqué der drei Gewerkschaften, »daß diese Unternehmen kurzfristige Einsparungen auf Kosten der Menschenwürde bevorzugen. Eine Entlassung sollte niemals eine leichtfertig getroffene Entscheidung sein. Angestellte, die oft viele Jahre lang im Dienst des Unternehmens standen, verdienen eine respektvolle und faire Behandlung. Eine lächerliche Summe als Entschädigung anzubieten, ist nicht nur unfair, sondern zeugt auch von mangelnder Anerkennung ihrer Arbeit und ihres Engagements.«
Im Sinne der Sozialpartnerschaftsillusion werden die – wie gesagt, fast alle aus dem Ausland gesteuerten – Finanzkonzerne aufgefordert, »ihre Entlassungsstrategien zu überdenken und humanere Praktiken einzuführen«. Und weiter: »Eine Entlassung sollte das letzte Mittel sein, und wenn sie unvermeidbar ist, sollte sie so gehandhabt werden, daß die sozialen und finanziellen Auswirkungen auf die betroffenen Beschäftigten so gering wie möglich gehalten werden«.
Doch Profite kennen keine »humaneren Praktiken«. Sozialpartnerschaft existiert, weil sie dem Patronat durch lange Friedenszeiten und einen geübten Ablauf von Kollektivvertragsverhandlungen gut planbare Gewinne sichert. »Der Regen fließt eben herunter und fließt eben nicht hinauf« (Bert Brecht).