Ringen um die freie Zeit
OGBL und LCGB warnen bei »ultraflexiblen« Ladenöffnungszeiten vor Folgen für 50.000 Schaffende und ihre Familien
Im Kampf um die arbeitsfreie Zeit der im Handel Schaffenden sind die Gewerkschaften seit Jahrzehnten in der Defensive. Um den Handelsunternehmen im Land einen Vorteil im sich – vor allem über das Internet – immer weiter verschärfenden Konkurrenzkampf zu verschaffen, liberalisierten die aufeinanderfolgenden Regierungen die Ladenöffnungszeiten immer mehr, und auch die CSV/DP-Regierung macht da keine Ausnahme.
Während die Luxembourg Confederation, der Dachverband des Handelspatronats, die jüngsten Pläne des Wirtschaftsministers als »ersten Schritt« hin zur totalen Liberalisierung lobt, warnen OGBL und LCGB, DP-Minister Lex Delles plane mit seinem bereits vom Ministerrat abgenickten Gesetzesprojet eine »Ultraflexibilisierung der Arbeitszeiten« im Handel. Seine Pläne, in Luxemburg »die mit Abstand liberalsten Öffnungszeitenregelungen der gesamten Großregion« einzuführen, sei nichts anderes als ein »Frontalangriff« der Regierung auf die 50.000 im hiesigen Einzelhandel Schaffenden und ihre Familien, so die Gewerkschaften in einer gemeinsamen Erklärung.
Im Gesetzesprojet ist vorgesehen, die Öffnungszeiten im Handel wochentags von 5 Uhr morgens bis 22 Uhr abends und an den Wochenenden und an Feiertagen von 5 Uhr morgens bis 19 Uhr abends auszuweiten. Außerdem sollen die Geschäfte nur noch an drei der elf gesetzlichen Feiertage nicht öffnen dürfen – am Neujahrstag, am 1. Mai und am 25. Dezember. Die übrigen acht gesetzlichen Feiertage sollen für Schaffende im Handel normale Werktage werden. Das würde darüber hinaus bedeuten, daß es nur noch an drei Tagen im Jahr zu einem vorzeitigen Ladenschluß um 18 Uhr statt um 19 Uhr vor Feiertagen kommen würde. Und statt wie bislang einmal pro Jahr will die Regierung den Geschäftsleuten im Handel erlauben, ihre Läden künftig zweimal im Jahr für 24 Stunden am Stück zu öffnen.
Deshalb warnen OGBL und LCGB davor, den mehrheitlich weiblichen und überwiegend im grenznahen Ausland wohnenden Verkäufern »nach der geplanten Ausweitung der Sonntagsarbeitszeit von vier auf acht Stunden« einen weiteren »weitreichenden sozialen Rückschritt« aufzubürden, der ihr Familien- und Privatleben »zerstören« werde.
Eine 2018 vom Mittelstandsministerium beim Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) in Auftrag gegebene Studie, die doch eigentlich als Grundlage für eine Reform des Rechtsrahmens zu den Ladenöffnungszeiten habe dienen sollen, habe nicht nur gezeigt, »daß die überwältigende Mehrheit der im Handel Schaffenden überhaupt nicht an Sonntagen oder spätabends arbeiten will«, sondern darüber hinaus, daß die großen Handelskonzerne bei jeglicher Liberalisierung der Öffnungszeiten »auf Kosten kleinerer Unternehmen begünstigt« und »die Attraktivitätsprobleme kleiner Handwerker und Händler« damit nur noch weiter verschärft werden.
Auch, weil sie einen Präzedenzfall für eine »allgemeine Verlängerung der Arbeitszeit für alle Schaffenden« befürchten, haben OGBL und LCGB in ihrer Erklärung erste gewerkschaftliche Aktionen »gegen die totale Liberalisierung der Öffnungszeiten« angekündigt.