Leitartikel28. August 2024

Bombenstimmung beim BVB

von

Am vergangenen Wochenende startete die deutsche Fußball-Bundesliga der Männer in ihre 62. Spielzeit und schon am ersten Spieltag standen Konflikte zwischen Fans und Klubs wieder einmal im Fokus. Während es zuletzt einen erfolgreichen Widerstand gegen einen Investoren-Einstieg in die komplette Liga gab, stand am vergangenen Samstag beim Heimspiel von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt (2:0) der Einstieg des Rüstungskonzerns Rheinmetall erneut im Zeichen der Proteste.

Fans des Revierklubs präsentierten im Vorfeld der Partie vor dem Westfalenstadion einen Panzer aus Pappe und während des Spiels unzählige Protestbanner gegen den Einstieg der Waffenschmiede. Dabei beriefen sich die Anhänger auf einen vor wenigen Jahren beim BVB verabschiedeten Wertekodex, welcher sich gegen Gewalt positioniere. Doch was repräsentiert Gewalt mehr, als Waffen?

Fans kritisieren wieder einmal, in Entscheidungsprozesse nicht eingebunden worden zu sein. Anders als in den USA stellt die Mitbestimmung im eigenen Klub in Deutschland nach wie vor ein hohes demokratisches Gut dar. An dieser roten Linie entzündete sich bereits der Protest gegen den Investoren-Deal mit der Liga.

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer des BVB, war schon immer für markante Äußerungen gegenüber Fans bekannt. In diesem Fall sind es die eigenen. Man wolle nicht, daß der Rüstungslieferant die Strahlkraft des Klubs Borussia Dortmund mißbrauche und kritisiere, daß der BVB für diesen Deal seinen eigenen Wertekodex über Bord werfe, hieß es von den Initiatoren der Proteste.

Anders als die Fans ging der deutsche grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht auf die Barrikaden. Während etwa deutsche Linke den Sponsorendeal scharf kritisierten, erklärte er, daß dies die »Zeitenwende« zeige und man müsse zugeben, daß wir in einer bedrohlichen Welt lebten. Bundesregierung und Rheinmetall stehen ohnehin in engem Kontakt, um die Ukraine mit Kriegsgerät zu versorgen.

Die Kritik an solchen Deals ist auch die Kritik am zunehmenden »Sportswashing« im Profifußball, also das Ansehen des eigenen Landes, wie etwa als Turnier- oder Grand-Prix-Ausrichter in der Öffentlichkeit und den Medien aufzuwerten. Umstrittene Konzerne tun dies durch Sponsoring.

Ob dieser Protest so ausdauernd wird, wie jener von allen Fans gemeinsam gegen den Investorendeal der Liga, bleibt abzuwarten. Auch, ob Watzke dann im Falle eines Erfolges der Anhänger seines Klubs ähnlich ätzend die Stimme der Fans kleinreden wird (»nur eine kleine Gruppe von Fans«), wie seinerzeit.

Ein weiterer Protest ging derweil fast unter: Fans der TSG Hoffenheim sind sauer auf ihren großen Mäzen Dietmar Hopp und werfen ihm fatale Personalentscheidungen vor. Kurios: Ohne SAP-Mann Hopp und dessen Geld würde der Klub in der Landesliga und nicht in der Bundesliga spielen. Es zeigt sich, wie schmal der Grat ist.

Wieder einmal stehen Fußballfans in der Zwickmühle. Es scheint, als würden sich Konflikte häufen und der Spalt zwischen den Anhängern und den Interessen ihrer Klubs immer größer. Dabei wären die Bundesliga gut beraten, den Trumpf einer für ihre Anhänger bezahlbaren, spannenden, stimmungsvollen und nahbaren Liga offen auszuspielen. Zahlreiche Fans pilgern etwa wöchentlich aus England in deutsche Stadien, weil ihre Premier League, welcher die Bundesliga wirtschaftlich nacheifert, ihnen dieses Fußball-Erlebnis längst nicht mehr bietet.