Präsidentenwahl in Argentinien:
Regierungskandidat gewinnt erste Runde
Regierungskandidat Sergio Massa hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Argentinien überraschend gewonnen. Der von der linken Unión por la Patria (Union für das Vaterland) nominierte Wirtschaftsminister kam auf rund 36 Prozent der Stimmen, teilte das Wahlamt am Sonntagabend (Ortszeit) nach Auszählung fast aller Stimmen mit. Auf dem zweiten Platz landete mit 30 Prozent der ultrarechte Populist Javier Milei von der Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran), der als Favorit galt.
Die frühere Innenministerin Patricia Bullrich vom konservativen Oppositionsbündnis Juntos por el Cambio (Gemeinsam für den Wandel) erzielte nur knapp 24 Prozent. Massa und Milei dürften demnach am 19. November in einer Stichwahl gegeneinander antreten. Der künftige Präsident tritt am 10. Dezember sein Amt an. »Argentinien braucht Stabilität und Berechenbarkeit«, schrieb Massa nach seiner Stimmabgabe auf der Plattform X. Milei tönte: »Wir sind in der Lage, die beste Regierung in der Geschichte zu bilden.«
Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise: Die Inflationsrate liegt bei fast 140 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unter der Armutsgrenze. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst. Nach seinem Sieg bei den Vorwahlen galt Milei als Favorit in der ersten Wahlrunde. Der Ultrarechte will den US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel einführen, die Zentralbank und viele Ministerien abschaffen und die Sozialausgaben radikal kürzen.
Massa hingegen setzte auf die eingespielte Wahlkampfmaschine der regierenden Peronisten und griff zuletzt tief in die Staatskasse, um die Wähler bei Laune zu halten. Er ordnete massenhafte Neueinstellungen im öffentlichen Dienst an, genehmigte höhere Freibeträge bei der Einkommensteuer und gewährte Einmalzahlungen für Angestellte und Rentner. Auch kündigte er ein Abkommen mit China zur Aufstockung der Reserven der Zentralbank an. Trotz Massas Erfolg in der ersten Runde ist das Rennen in der Stichwahl wieder völlig offen. Zumindest ein Teil der konservativen und marktliberalen Wählerschaft der unterlegenden Kandidatin Bullrich könnte in der zweiten Runde zu Milei überlaufen.