Leitartikel04. September 2024

Frage um Tele-Arbeit sorgt für wachsende Differenzen

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Als die weltweite Corona-Pandemie auch Luxemburg im Griff hatte und social distancing das Gebot der Stunde war, klappte plötzlich vieles, was zuvor von Politik und Unternehmen immer wieder als Phantastereien der Salariatsvertreter abgetan wurde. Waren etwa Menschen, die vollständig oder zumindest teilweise im Home Office oder ähnlich flexibel und nicht starr an einem bestimmten Ort arbeiten konnten selbst in Branchen, in denen es möglich ist, noch bis 2019 eine Minderheit, explodierte die Zahl der Personen in Telearbeit auch hierzulande während der Corona-Jahre. Mehr als 45 Prozent waren zwischenzeitlich auf Distanz berufstätig. Während dies dem Virus freilich nicht gefiel, atmeten Umwelt und Menschen deutlich auf: weniger Schadstoffbelastung, weniger Lärm und Verkehr. Alles lief für einen kurzen Moment trotz der ernstzunehmenden Krise irgendwie entspannter ab.

Doch der Fortschritt währte nicht lange: Kaum war das Ärgste überstanden, war der Wille nach Präsentismus und das generelle Mißtrauen der Betriebe gegenüber ihren Angestellten, die ja wer weiß was nebenher anstellen könnten im Home Office, wieder so groß, daß der Anteil der Telearbeit zwar im EU-Vergleich weiterhin hoch blieb, doch für hiesige Verhältnisse deutlich zurückging.

Der regelmäßig von der CSL für Luxemburg erstellte »Quality of Work Index« zeigte für das Erhebungsjahr 2023, daß von über 500.000 Berufstätigen nur rund 150.000 grundsätzlich die Möglichkeit hatten, im Home Office tätig zu sein. Und der Index zeigt auch, daß die Pandemie deutlich das Bewußtsein vieler Lohnabhängiger geschärft hat, wenn es um Arbeitsqualität und »Work-Life-Balance« geht. Darüber hinaus haben Experimente und zwischenzeitlich auch reale Einführungen von mehr Home Office gezeigt, daß auch die Produktivität der jeweiligen Unternehmen keineswegs leidet. Im Gegenteil kann eine schlechte Arbeitsqualität am festen Arbeitsplatz zu deutlich mehr Produktivitätseinbußen und höherem Krankenstand führen.

Ganz besonders die Gruppe der Lohnabhängigen zwischen 25 und 44 Jahren wünscht sich dem Index zufolge in Luxemburg mehr Möglichkeiten der Telearbeit. Insgesamt waren 2023 dem Bericht zufolge mehr als die Hälfte der Beschäftigten interessiert an solchen Arbeitsmodellen, während aber weniger als 30 Prozent von ihnen auch Zugang dazu hatten. Die Unternehmen sitzen natürlich am längeren Hebel und können, obschon es bei ihnen technisch machbar wäre, solche Arbeitsmöglichkeiten in ihren Betrieben verweigern. Auf Dauer aber werden ihre Jobangebote allerdings ähnlich bleischwer in den Arbeitsmarkt-Regalen liegen bleiben, wie etwa die Stellenausschreibungen in Handwerk und Gastronomie.

Viele Gastro-Betriebe schließen mittlerweile 2 oder sogar drei Tage pro Woche, sogar an Urlaubsorten, wo der Rubel rollt. Handwerksbetriebe werben auf ihren Fahrzeugen mit Vier-Tage-Woche bei vollem Lohn und anderen Vorzügen, um Kandidaten anzulocken.

Hintergrund ist, daß sich während der Krise viele Beschäftigte emanzipiert haben und der Wille, sich für überschaubare Löhne in langen Schichten zu unattraktiven Zeiten aufzureiben, deutlich zurückgegangen ist. Diese Emanzipation wird von patronatsnahen Medien gerne als »die Faulheit der Generation Z« betitelt. Die Jugend sei faul und leistungsunwillig, weshalb sie Arbeitszeitverkürzungen und bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf fordere. Vielleicht hat die jüngere Generation einfach nur verstanden, daß es so wie bisher nicht weitergehen kann.