Reykjavik – Die Vulkanausbrüche auf Island könnten noch Jahrzehnte dauern. Die am dichtesten besiedelte Region des Landes sowie lebenswichtige Infrastruktur sei möglicherweise noch lange bedroht, heißt es in einer neuen Studie, die am Mittwoch im Fachblatt »Terra Nova« veröffentlicht wurde.

2021 begann die Ausbruchsserie auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten der Insel, nur 55 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik. Allein seit Ende 2023 kam es zu fünf größeren Ausbrüchen. Dabei strömte Lava aus Rissen aus der Erde, weshalb man diese als Spalteneruptionen bezeichnet. Einige Häuser wurden von Lava erfaßt.

In der betroffenen Region lebt ein Großteil der Bevölkerung der Insel im Nordatlantik. Zudem liegen dort der einzige internationale Flughafen und mehrere geothermische Kraftwerke, die Warmwasser und Strom für das Land liefern. Zuletzt sei die Halbinsel vor knapp 800 Jahren vulkanisch aktiv gewesen, heißt es in der Studie.

Für die Untersuchung wurden Erdbebendaten der vergangenen drei Jahre ausgewertet und Lavaproben von mehreren Orten genommen. Die Forscher verglichen das flüssige Gestein, das an verschiedenen Orten aus der Erde strömte, in Bezug auf chemische und physikalische Eigenschaften. So wollten sie darauf schließen, ob es von der gleichen Magmakammer stammt oder von verschiedenen. Tatsächlich handelt es sich um Magma mit ähnlichen petrografischen Eigenschaften. Das lasse auf ein zusammenhängendes unterirdisches Magmasystem schließen, hieß es.

Zusammen mit den seismischen Daten kommen die Wissenschaftler zum Schluß, daß es sich um eine moderat große Magmaansammlung in einer Tiefe von etwa neun bis elf Kilometern handelt, die sich über eine Breite von rund zehn Kilometern erstreckt. Herausgebildet habe sie sich zwischen 2002 und 2020.

Das Forscherteam kommt zum Schluß, daß die aktuelle Ausbruchsserie der Beginn einer langen Episode sein könnte. Aber wie lange die Serie daure, könnten sie nicht vorhersagen. »Die Natur ist nie regelmäßig«, sagte Co-Autor Ilya Bindeman, Vulkanologe und Professor für Geowissenschaften an der Universität von Oregon, USA. »Wir wissen nicht, wie lange und wie häufig sie in den nächsten zehn oder gar hundert Jahren anhalten wird. Es wird sich ein Muster herausbilden, aber die Natur weist immer Ausnahmen und Unregelmäßigkeiten auf.«