Rückkehr in den Kalten Krieg?
Viel Aufregung um viele Waffen, um sehr viel Geld für noch mehr Aufrüstung. Das ist die Beschreibung der Konferenz der Staats- und Regierungschefs der NATO in dieser Woche in Washington. Es ist gleichzeitig eine Art Bilanz der 75 Jahre des Bestehens des westlichen Militärpaktes, der in dieser Zeit vor allem mit dem Schüren von Konfrontationen, mit der Teilnahme an zahlreichen Kriegen in aller Welt und mit einer beispiellosen Aufrüstung von sich reden gemacht hat.
In den die Stammtische beherrschenden Medien ist nun von einer »Rückkehr in den Kalten Krieg« die Rede. Es sei daran erinnert, daß die Gründung der NATO im Jahre 1949 faktisch mit dem Beginn des Kalten Krieges zusammenfiel. Nicht um den Frieden in der Welt zu sichern nach dem verbrecherischsten und zerstörerischsten aller bisherigen Kriege der Geschichte wurde der Pakt geschlossen, sondern um gegen die »Gefahr aus dem Osten« aufzurüsten. Angebote der Sowjetunion, dem Pakt beizutreten im Interesse einer kollektiven Sicherheit wurden vom Westen abgelehnt, übrigens genau wie die Angebote der Ukraine und Bjelorußlands, die eigenständige Mitgliedstaaten der UNO waren.
Die »Gefahr aus dem Osten« wird heute ebenso beschworen wie damals, um ein gigantisches Kriegspotential anzuhäufen. Es werden neue Feindbilder aufgebaut, die eigentlich so neu gar nicht sind. Das hat in den vergangenen 75 Jahren zumeist funktioniert, mit ganz wenigen Ausnahmen.
Im Jahr 1975 mußten sich die USA, militärisch geschlagen, aus Vietnam zurückziehen. Dabei war auch von Bedeutung, daß in den USA selbst die Unterstützung für die schmutzige Kriegführung zusammenbrach und die Forderung nach einem Ende des Krieges immer lauter wurde.
In den 70er Jahren forcierte die NATO wieder einmal die Konfrontation durch die Stationierung von Mittelstreckenwaffen und Marschflugkörpern in Westeuropa. Der Widerstand dagegen wurde im Laufe der Jahre schließlich derartig überwältigend, daß sich die USA gezwungen sahen, im Dezember 1987 mit der Sowjetunion den Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme, den INF-Vertrag zu unterzeichnen. Der ist spätestens seit der Trump-Präsidentschaft hinfällig, so daß nun gewissermaßen »völlig legal« erneut die Stationierung derartiger Waffensysteme in Europa vorbereitet werden kann.
Mit der wortgleichen Begründung wie vor 50 Jahren, der »Bedrohung aus dem Osten«, wird nun die Rückkehr nicht nur in den Kalten Krieg – der faktisch nie beendet wurde – vollzogen, sondern in dessen finsterste Zeiten. Ohne Bedenken spielen die Politiker, die eigentlich Verantwortung für das Leben der Menschen in ihren Ländern haben sollten und für deren Wohlergehen, mit dem Tod der Menschen, und haben die Unverfrorenheit, ihnen dafür auch noch immer mehr Geld aus den Taschen zu stehlen.
Die Behauptung, die NATO stehe für den Frieden, wird spätestens dann ad absurdum geführt, wenn man in der neun Seiten, 5.367 Wörter umfassenden, englischsprachigen Abschlußerklärung des NATO-Gipfels nach konkreten Maßnahmen für die Herstellung von Frieden sucht.
Der Name Israel kommt in dem Papier nicht vor, ebensowenig der Name Gaza. Dafür wird über Militärkooperation mit Staaten im Nahen Osten geschrieben, und auch über die Ausdehnung der Aktivitäten des atlantischen Kriegspaktes auf den nördlichen und südlichen Pazifik. Das ist Kalter Krieg 2.0. Daher brauchen wir dringend eine Friedensbewegung 2.0!