Leitartikel11. Juni 2024

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Uli Brockmeyer

Das erste Ergebnis der Wahlen zum Parlament der Europäischen Union am Sonntag stand schon lange vor Beginn der Auszählungen der Stimmen fest: In dieser Union wird sich nichts, aber auch gar nichts zum Positiven ändern.

Mit der ganzen Wucht der ihnen zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel. Sendezeiten, Zeitungsberichten und Auftritten in der Öffentlichkeit und in den »sozialen Medien« hatten die staatstragenden Parteien in sämtlichen EU-Ländern dafür gesorgt, daß fast ausschließlich ihre Themen zur Debatte standen. Auch in den Rundtischgesprächen hierzulande wurden die Themen in einer Weise vorgegeben, daß die wirklichen Sorgen der großen Mehrheit der Menschen, der potentiellen Wähler, kaum angesprochen wurden. In den wenigen Fällen, bei denen dies gelang, war das vor allem den Vertretern der KPL zu verdanken.

Hinzu kommt, daß zwar eine Reihe wirklicher Probleme zur Sprache kam, jedoch grundsätzlich verbunden mit den falschen Lösungsansätzen.

Viel war die Rede von Frieden und Sicherheit, ganz klar ein Wunsch, den wohl kaum jemand zurückweisen wird. Allerdings war diese Diskussion dann im Normalfall mit der Forderung der bürgerlichen Wahlkämpfer verbunden, weiter aufzurüsten, der Ukraine noch mehr Waffen, Munition und Geld für den Krieg gegen Rußland zur Verfügung zu stellen, und also noch wesentlich mehr von unseren Steuergeldern für Krieg zu verpulvern statt über Wege zum Frieden nachzudenken. Statt ein Miteinander in Erwägung zu ziehen, wenn es um wirtschaftliche Entwicklung geht, wird immer wieder ein Gegeneinander gepredigt, also Konkurrenz, Sanktionen, Embargos, neue Zölle.

Gern wird auch die Angst vor zu großer Zuwanderung geschürt. Das erzeugt Fremdenhaß oder sogar rassistische Ressentiments. Flüchtlinge werden als Problem dargestellt, uns wird immer wieder gesagt, daß Flüchtlingsabwehr, schärfere Kontrolle der EU-Außengrenzen, ein verschärften Asylrecht und die Bekämpfung der Schleuser dringend erforderlich sind. Wer aber, außer den Kommunisten, hat darauf hingewiesen, daß der zunehmende Wunsch vieler Menschen, sich durch Flucht in Richtung Europa eine bessere Zukunft zu sichern, vor allem in Kriegen und Krisen begründet ist, die von der EU verursacht wurden oder an denen sie zumindest beteiligt ist?

So gut wie keine Rolle spielte in den zahlreichen Debatten der Wunsch der Menschen nach sozialer Sicherheit – der Begriff wurde, wenn überhaupt, als eine Art farbloses Banner durch die Säle getragen. Allerdings hat keine der staatstragenden Parteien auch nur ein Wort darüber verloren, daß für soziale Sicherheit in erster Linie sichere und fair bezahlte Arbeitsplätze erforderlich sind, Programme zu Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Perspektiven für die Jugend. Auch das bei vielen Menschen wachsende Gefühl der Unsicherheit auf den Straßen und die Angst vor zunehmender Kriminalität, lassen sich am besten bekämpfen durch ein sicheres soziales Umfeld.

Bereits vor der Auszählung der Stimmen war klar, daß Parteien von äußerst rechten Rand mehr Zulauf bekommen würden. Sie waren es, die in sämtlichen bürgerlichen Medien, in jeder Nachrichtensendung in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt wurden – während man sich jede erdenkliche Mühe gab, wirkliche Alternativen unter der Oberfläche zu halten oder gar zu verteufeln. Die große Wahlabstinenz spricht Bände!

Darum kommt es auch nach der Wahl darauf an, sich mit den Vorschlägen der Kommunisten vertraut zu machen. »Sozialabbau und Aufrüstung – nicht mit uns!«, das bleibt das Credo der KPL.