Luxemburg20. Juni 2024

Drei Minister kündigen Verwaltungsvereinfachung an:

Aber wo sollen die Wohnungen herkommen?

In der Rede zur Lage der Nation, die letztlich eine Regierungserklärung ist und nicht nur eine des Premiers, der sich als Generaldirektor des Landes versteht, wurden Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung angekündigt. Die sollen über eine noch nicht bekannte Zahl an Gesetzesprojekten in zwei Jahren umgesetzt werden und ganze 40 Einzelmaßnahmen umfassen.

Die ersten Texte wurden noch für vor diesem Sommer angekündigt, die letzten zu Jahresende 2025, wobei dann mit dem Einbringen aber erst die Ochsentour des Gesetzwerdungsprozesses beginnt. Wie lange unter Umständen sowas dauern kann zeigt das Gesetzesprojekt zum »remembrement ministériel«, das 2017 auf den Weg gebracht wurde. Die beiden letzten formellen Einsprüche des Staatsrats sollten noch vorm Sommer geregelt werden können, wurde auf Nachfrage mitgeteilt.

Mit all diesen Ankündigungen traten gestern um 11 Uhr die drei Minister Léon Gloden, Claude Meisch und Serge Wilmes vor die Presse mit der Frohbotschaft, das werde es ermöglichen mehr und schneller zu bauen. Es sei zwar nicht aus schlechtem Willen oder Bosheit über die Jahre zu immer weiteren Vorschriften gekommen, weil das in jedem Einzelfall einen vernünftigen Grund gehabt habe, aber es sei doch jetzt an der Zeit Bilanz zu ziehen und die Prozeduren effizient zu gestalten.

Mit der vorgestellten Verwaltungsvereinfachung kom­me es zu homogenen Prozeduren, und zwar, ohne dem Bürger seine Einspruchsmöglichkeiten zu nehmen. Für den sei es positiv, wenn er sich bei Teilbebauungsplänen zum Bei­spiel künftig an den Innenminister wenden könne statt wie bisher nur an die Gemeinde mit seinen Einsprüchen.

Versprochen wird eine Zusammenlegung von bisher nebeneinander verlaufenden Prozeduren, was künftig verhindern soll, daß vier Stellen unterschiedliche Forderungen stellen, die sich womöglich nicht ergänzen, sondern widersprechen. Das sei leider immer wieder vorgekommen und es habe dann viel Zeit gekostet, das zu begradigen. Es ist auch ein Ziel, sich widersprechende Normen in dieselbe für alle Fälle zu verwandeln. Als Beispiel wurde genannt, daß die vorgeschriebene Raumhöhe für Staatsbedienstete höher ist als für Privatangestellte, weswegen erstere nicht tätig werden dürfen in Räumen, die für Privatangestellte aber passend sind. Es ist schon belustigend, in diesem schönen Beispiel das Wiehern des Amtsschimmels zu vernehmen!

Es ist schön, wenn Verwaltungsprozeduren ausnahmsweise mal vereinfacht werden. Als der Schreiber dieser Zeilen 2003 seine erste Photovoltaik-Anlage aufs Dach setzte, brauchte er dafür gar nichts der Verwaltung mitzuteilen. Heute, für die Erneuerung der Anlage, braucht es eine regelrechte Baugenehmigung. 2026 braucht es dann, wenn es sich um weniger als 50 m2 handelt, nur mehr eine Mitteilung an die Gemeinde. Es war also 2003 einfacher als es 2026 sein wird, wenn es so kommt, wie gestern angekündigt.

Nur 800 Wohnungen» en futur état
d'achêvement« sollen gekauft werden

Irgendwie süß ist es, wenn drei Minister in ihrer Parallelwelt meinen, ein schneller genehmigtes Bauprojekt sei auch rascher fertiggebaut. Vor dem Konjunkturabschwung, der Pandemie, der Krise und der antirussischen Sanktionitis gelang es den am Bau hierzulande Tätigen rund 4.000 Wohnungen im Jahr fertigzustellen. Nach all dem und der Zinserhöhungen durch die EU-Zentralbank gab es fast keine Wohnungskäufe mehr und am Bau drohte vollständiger Stillstand. In Sorge Arbeiter zu verlieren und um Produktions­kapazitäten zu erhalten, habe die Regierung bereits steuerliche Maßnahmen getroffen und beschlossen Wohnungen »en futur état d'achêvement« (VEFA), die also erst in Planung oder im Bau sind, zu kaufen. Dies »damit wir mehr bauen können, wenn mehr genehmigt ist«.

Das ist rührend naiv. Denn in den Jahren 2024, 2025, 2026 und 2027 will die Regierung ganze 800 Wohnungen um 480 Millionen als VEFA kaufen. Das sind pro Jahr 200, was kaum mehr ist als ein Tropfen auf einem heißen Stein. Das wird womöglich den einen und den anderen Bauträger mit der richtigen Parteikarte vor der Pleite bewahren, aber diese 5 Prozent der früheren Gesamtproduktion werden nicht ausreichen, um Produktionskapazitäten zu erhalten und alle Bauarbeiter in Arbeit zu halten.

Es ist also damit zu rechnen, daß 2027, das erste Jahr in dem die 40 Maßnahmen voll greifen werden, wenn es zu keiner Verzögerung im Gesetzesprozeß kommt, weniger Bauarbeiter da sein werden als 2021. Die werden folglich nicht in der Lage sein, die Zahl der damals fertiggestellten Wohnungen zu bauen, und sie werden schon gar nicht die Hälfte mehr oder doppelt so viele fertigkriegen.

Denn so spielt das Leben in der realen Welt. Wer 50 Prozent mehr Wohnungen am Ende des Jahres fertig haben will, muß 50 Prozent mehr Bauarbeiter und Maschinen auf die Baustellen bringen. Sonst wird das nichts.

Erheiternd war es daher am Ende, als eine Journalistin fragte, welche Zahl Wohnungen sich die Regierung denn als Ziel gesetzt habe. Er kenne keine solche Zahl, kam daraufhin von Auch-Wohnbauminister Meisch, es sollen eben mehr werden.