Blinder Fleck der Klima-Berichterstattung:
Waldbrände aus Profitinteressen gelegt
Waldbrände haben in diesem Sommer große Baumbestände in Griechenland, Kanada und auf den Kanarischen Inseln vernichtet. Auch auf Hawaii und Elba, in der Türkei und anderen Regionen der Welt brennt es. Hunderte Menschen kamen in den Flammen um, Zigtausende verloren Haus, Hof, Hab und Gut. Am heftigsten trifft es die ärmeren Teile der Bevölkerung. Für Medien und Politiker ist die Hauptursache klar. »Diese Katastrophen in der Welt werden vom Klimawandel getrieben«, sagte der kanadische Premier Justin Trudeau Mitte August in Vancouver. Solche Aussagen sind natürlich nicht total falsch, verdrehen oft aber Ursache und Wirkung. Viele Berichte der angeblichen Qualitätsmedien tragen zudem dazu bei, das dem kapitalistischen Wirtschaften immanente Profitinteresse als Ursache des Klimawandels auszublenden.
Ein »blinder Fleck in der Klima-Berichterstattung« sei »der kapitalismuskritische Frame, der sagt, daß wir unsere Gesellschaft und Wirtschaft wirklich grundlegend verändern müssen. Der also an die Wurzel einiger Probleme geht«, bemängelte der Hamburger Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann in einem Interview. Zwar bezeichne niemand ernsthaft die Brandrodungen im brasilianischen Amazonasgebiet als eine Folge klimatischer Veränderungen, doch in weniger offensichtlichen Fällen führen einseitige, oft reißerische Berichte über den Klimawandel als Hauptursache dazu, daß wirtschaftliche Interessen und die Profiteure von menschengemachten Katastrophen aus dem Fokus geraten. Im diesjährigen Sommerloch lieferten etliche Medien dafür zahlreiche Beispiele.
Von den größten Bränden in der Geschichte der EU waren in Griechenland neben Rhodos unter anderem die Hafenstadt Alexandroupolis und der als grüne Lunge Athens geltende Kiefernwald des Parnitha-Gebirges betroffen. Satellitenbilder zeigten, daß zeitweise bis zu vier Fünftel der gesamten Fläche des Landes von Rauchwolken bedeckt waren, mit verheerenden Folgen für das Klima. Wie in Brasilien war »organisierte Brandstiftung« auch in Griechenland die Ursache vieler Großfeuer, die dann wiederum den Klimawandel befördern. Profiteure davon sind unter anderem die Investoren geplanter Windparks auf Rhodos oder Immobilienunternehmen, die auf abgebrannten Waldflächen des Festlands touristische Anlagen, Luxusresorts und Einkaufszentren planen. Aufgrund zunehmender Zündeleien habe die konservative griechische Regierung jetzt die Strafen dafür »erheblich verschärft«, berichtete der »Stern« am 24. August. »Bei fahrlässiger schwerer Brandstiftung droht nunmehr eine Geldstrafe von 30.000 Euro«, so das Wochenblatt. Bei Vorsatz könne sogar »eine Gefängnisstrafe« ausgesprochen werden.
Das dürfte bei winkenden Millionengewinnen erstens keinen der mafiösen Hintermänner von weiteren Brandstiftungen abschrecken und zweitens ist die Hauptursache der Katastrophe – nach vorherrschendem Narrativ und Aussage des rechten Premiers Kyriakos Mitsotakis – ja ohnehin der Klimawandel. Trotzdem hetzen rechte Gruppen, die oft den tatsächlichen Verursachern nahestehen, gegen Migranten und geben ihnen die Schuld an den Bränden. Bei regelrechten Treibjagden drohte ein Mob im griechisch-türkischen Grenzgebiet damit, Geflüchtete zu lynchen. »Die Landnahme des Kapitals«, so der Hamburger Soziologe Jürgen-Michael Reimer in seinem Buch »Der absurde Kapitalismus«, gehe in diesen Tagen in den Ländern rund um das Mittelmeer über Leichen.
Auch auf Teneriffa, wo bei den schlimmsten Feuern seit vier Jahrzehnten große Teile der Gesamtfläche in Flammen standen und Anwohner sich im Freien vorübergehend nur mit Masken aufhalten konnten, wurden viele Brände nach Aussage des Präsidenten der Kanarischen Inseln, Fernando Clavijo, absichtlich gelegt. Hitze, Wind und andere ungünstige klimatische Bedingungen haben dort wie in Griechenland zwar die Ausbreitung der Feuer begünstigt und die Löscharbeiten erschwert, doch der Klimawandel war nicht deren alleinige Ursache.
Dies gilt auch für die seit einem Jahrhundert verheerendsten Waldbrände der USA auf der Insel Maui (Hawaii). Laut Video- und Bildmaterial, das von der Nachrichtenagentur AP und mehreren Experten analysiert wurde, waren zu Beginn der Katastrophe Strommasten, die noch einem Standard aus den 60er Jahren entsprachen, im Hurrikan »Dora« umgeknickt. Nichtisolierte Leitungen stürzten in das trockene Gras, was zu Funkenbildung und Entzündung führte. Obwohl eine nationale Norm seit mehr als zwei Jahrzehnten vorschreibt, daß Versorgungsmasten wie die auf Maui Windstärken von 169 km/h standhalten müssen, hatte das Energieunternehmen Hawaiian Electric Industries tausende von hölzernen alten Masten nicht ausgetauscht, obwohl sie diese Norm nicht erfüllen. Wie der Sender RT berichtete, wird das Unternehmen nun in einer Welle von Klagen für die Brände verantwortlich gemacht. Rechtsanwalt Paul Starita, der viele Kläger vertritt, spricht von einer vermeidbaren Tragödie. »Es geht nur um das Geld. Dabei stehen Menschenleben auf dem Spiel. Sie sind verantwortlich. Geben Sie Geld aus und machen Sie Ihre Arbeit«, wirft er dem Energieversorger vor.
Es ist wie beim Henne-Ei-Problem. Etliche der diesjährigen Brände waren die Folge organisierter Brandstiftung oder unterlassener Brandschutzmaßnahmen aus Profitinteresse. Mit dem Hinweis auf den Klimawandel als alleiniger Ursache wird sich daran nichts ändern. Dabei waren die heutigen Bedrohungen voraussehbar. »Eine bedeutende biologische Gattung ist aufgrund der schnellen und progressiven Beseitigung ihrer natürlichen Lebensgrundlagen vom Aussterben bedroht – der Mensch«, hatte zum Beispiel der kubanische Präsident Fidel Castro bereits am 12. Juni 1992 auf der UNO-Konferenz für Umwelt und Ernährung in Rio de Janeiro gewarnt. Er erklärte, daß dieser Prozeß nur durch eine grundlegende Veränderung von Gesellschaft und Wirtschaft aufgehalten werden könne. Zum Abschluß seiner Rede forderte Castro dann, die für Rüstung und Militär aufgewendeten Mittel dafür zu verwenden, »die Gefahr der ökologischen Zerstörung unseres Planeten zu bekämpfen«. Heute wird auch von denen, die lautstark den Klimawandel beklagen, genau das Gegenteil propagiert.