Leitartikel05. August 2023

Niemand will Sparpläne vor den Chamberwahlen, aber was passiert danach?

von Ali Ruckert

»Sind Sie fest dazu entschlossen, in den kommenden Jahren ihre Zustimmung für eventuelle Sparpläne auf Kosten der Bürger zu verweigern?«, lautete eine von 50 Fragen, welche die Gewerkschaft CGFP in ihrem Fragenkatalog zu den Chamberwahlen an neun Parteien richtete.

Alle Parteien antworteten mit Ja, was keine Überraschung ist, denn welche Partei würde schon vor den Wahlen Sparpläne für die Zeit nach den Wahlen ankündigen, es sei denn, sie wollte es unbedingt darauf anlegen, die Wahlen verlieren zu wollen?

Die Erfahrung aus den vergangenen Jahrzehnten zeigt, dass keine Partei, die anschließend Regierungspartei wurde, im Vorfeld der Wahlen auch nur andeutungsweise durchblicken ließ, dass sie Maßnahmen ergreifen werde, welche die Bevölkerung zwingen würden, den Gürtel enger zu schnallen.

Als CSV, LSAP, DP und Déi Gréng vor mehr als zehn Jahren, am 26. Januar 2012, den automatischen Indexmechanismus außer Kraft setzten, hatte keine dieser Parteien im Vorfeld der vorangegangenen Chamberwahlen die Wähler wissen lassen, dass sie die Kaufkraft der Lohnabhängigen stark einschränken würde. Und als die Regierungsparteien CSV und LSAP eine Verschlechterung des Rentensystems beschlossen, welche zum 1. Januar 2013 in Kraft trat, hatte das zuvor in keinem Wahlprogramm gestanden.

Sehr wohl hatte die derzeitige Regierung in ihrem Programm hingegen angekündigt, mit ihr werde es keine Steuererhöhungen geben. Aber das war eine Irreführung der Öffentlichkeit, denn dadurch, dass die Regierung sich weigerte, die Steuertabelle an die Inflation anzupassen, kam es infolge der »kalten Progression« beim Erfall jeder Indextranche automatisch zu Steuererhöhungen.

Abgesehen davon, wurde das Versprechen einer allgemeinen Steuerreform, welches die Regierung abgegeben hatte, nicht erfüllt, so dass insbesondere die Bezieher von kleinen und mittleren Löhnen noch immer viel zu viel Steuern bezahlen, während der Anteil des Groß- und Finanzkapitals am Gesamtsteueraufkommen weiter zurückgeht.

Die nächsten Angriffe auf die Kaufkraft und die sozialen Errungenschaften der Schaffenden sind ohnehin schon vorprogrammiert, auch wenn das weder aus Wahlprogrammen noch aus dem zukünftigen Regierungsprogramm hervorgehen dürfte.

Dazu zählt, dass das Märchen von der »Rentenmauer« aufgewärmt werden dürfte, um weitere Rentenverschlechterungen durchzuboxen.

Spätestens Ende 2024 ist dann zu erwarten, dass »budgetäre Engpässe« erfunden werden, um zu rechtfertigen, dass die Schaffenden und Rentner deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen, weil der Energiepreisdeckel 2025 wegfallen wird, und die Menschen den durch die antirussischen Sanktionen, die konfrontative Politik der USA gegenüber Russland und China und die Raffgier der Konzerne hochgetriebenen Preis für Energie, der jetzt über den Staatshaushalt abgefedert wird, vollständig bezahlen müssen.

Es ist definitiv nicht die Zeit, in Vorwahlzeiten auf falsche Versprechen hereinzufallen, sondern sich bewusst zu werden, dass es notwendig ist, die KPL zu stärken – die Partei, die keine leeren Versprechen macht, sondern sich vor und nach den Wahlen dafür einsetzt, dass wirtschaftliche und soziale Maßnahmen ergriffen und gesellschaftliche Veränderungen angestrebt werden, um die Lohnabhängigen zu stärken.