Für ein geopolitisches Gleichgewicht in der Welt
Brasilien baut wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China aus. Lula läßt sich von USA nicht beirren
Eine schmerzhafte Klatsche für Washington. »Niemand wird Brasilien daran hindern, seine Beziehungen zu China auszubauen«, erklärte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Freitag beim Treffen mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping in Peking. Gewiß dürfte er ebenso an einem entspannten Verhältnis zu den USA interessiert sein, doch nicht zum Preis der Unterordnung. Während Washington energisch versucht, die asiatische Großmacht zu isolieren, hatte Lula dem Präsidenten des Nationalen Volkskongresses, Zhao Leji, kurz vor dem Empfang in der Großen Halle des Volkes versichert, daß China »ein bevorzugter Partner Brasiliens« sei.
Das weltweit mit großem Interesse erwartete Gespräch mit Xi Jinping war der Höhepunkt von Lulas viertägigem Staatsbesuch, bei dem unter anderem 20 Handels- und Partnerschaftsabkommen unterzeichnet wurden. Beide Partner kündigten an, die Verbindungen zwischen ihren Ländern in den nächsten vier Jahren »in mehreren Bereichen« weiter zu stärken. »Gestern haben wir Huawei einen Besuch abgestattet, um der Welt zu zeigen, daß wir in unseren Beziehungen zu China keine Vorurteile haben«, stichelte Lula beim Treffen der Staatsoberhäupter weiter in Richtung USA. Deren Regierung war die demonstrative Visite der hochkarätigen brasilianischen Delegation beim Technologieriesen in Shanghai, den Washington als »Sicherheitsrisiko« betrachtet, sauer aufgestoßen.
»Mit China haben wir die wichtigsten Außenhandelsströme. Mit China haben wir das größte Außenhandelsvolumen, und mit China haben wir versucht, ein geopolitisches Gleichgewicht in der Welt herzustellen und die wichtigsten Themen zu diskutieren«, konterte Lula, und er bezog sich dabei auch auf den von der chinesischen Regierung vorgelegten Friedensplan für die Ukraine. Zugleich wiederholte er seine Anregung, China und Brasilien sollten bei ihren Handelsgeschäften nach Alternativen zum US-Dollar suchen.
Anders als Lula hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem dreitägigen Antrittsbesuch in der nordchinesischen Stadt Tianjin und später auch in der Hauptstadt vor allem altbekannte Positionen Washingtons wiederholt. Sie forderte die Regierung in Peking auf, keine Waffen an Rußland zu liefern, kritisierte, daß China den »Aggressor Rußland« im Sicherheitsrat der UNO nicht aufgefordert habe, »diesen Krieg zu stoppen«, mahnte die Gastgeber zur »Einhaltung der Menschenrechte« und warnte die Volksrepublik vor einer »Eskalation im Taiwan-Konflikt«.
Chinas Außenminister Qin Gang reagierte höflich, aber bestimmt auf die wenig diplomatischen Äußerungen der Besucherin. Als Wink mit dem Zaunpfahl bekräftigte Qin die Position seines Landes, »keine Waffen in Krisengebiete und an Konfliktparteien zu liefern«. Die Frage, ob sich das von Deutschland auch sagen lasse, lag damit natürlich in der Luft. Auf Baerbocks Forderung, den Verkauf von »Gütern mit möglicher militärischer Nutzung« wie IT-Technik, Software oder Chemikalien einzustellen, verwies der Diplomat zweideutig auf die in China geltenden rechtlichen Vorgaben. Auf die von Baerbock bekannte Kriegsrhetorik dürfte sein Rat bezogen gewesen sein, »nicht weiter Öl ins Feuer (zu) gießen«. Chinas Regierung setze sich dafür ein, »Versöhnung zu fördern und Friedensverhandlungen voranzubringen«, erklärte er. Zum Abschluß wurde Qin dann doch noch deutlich: »Was China am wenigsten braucht, ist ein Lehrmeister aus dem Westen«, gab er seiner deutschen Amtskollegin mit auf den Weg.