Luxemburg19. Juni 2024

Konstituierende Sitzung der Salariatskammer

Ungleichheiten abbauen und eine Flexibilisierung des Arbeitsrechts verhindern

von Ali Ruckert

Mehr als drei Monate nach den Wahlen zur »Chambre des salariés« am 12. März 2024, bei denen 210.384 Lohnabhängige und Rentner (34,1 Prozent) ihre Stimme abgaben und der OGBL erneut die absolute Mehrheit errang, fand am gestrigen Dienstag die konstituierende Sitzung der Plenartagung der Salariatskammer statt.

Weil die Arbeiterkammer und die Privatbeamtenkammer, die 2008 zur Salariatskammer zusammengelegt wur­den, Kinder des Reformismus und der Sozialpartnerschaft waren, führte Arbeitsminister Georges Mi­scho (CSV) den Vorsitz während der gestrigen konstituierenden Sitzung.

Erst wählten die 60 Mitglieder (OGBL 37, LCGB 17, ALEBA 5, SYPROLUX 1) das neue Komitee, das sich wie folgt zusammensetzt: Präsidentin ist Nora Back (OGBL), Vizepräsidenten Patrick Dury (LCGB) und Jean-Claude Reding (OGBL), Beisitzende Artur Miguel Antunes Pereira (LCGB), Marie Claire Bertemes (LCGB), Chantal Gantrel (OGBL), Laurent Mertz (ALE­BA), Grégory Renaud (LCGB), Jean Luc Schmidtgall (OGBL), Guy Scholzen (OGBL), Denise Steinhäuser (OGBL), Artur Valério Horto (OGBL) und Nico Wennmacher (OGBL). Präsidentin des Gleichheitskomitees wurde Sonia Da Silva Neves (OGBL), Präsident der Finanzkommission Patrick Ju­chem (LCGB), Kassierer Vincent Collin (OGBL). 25 der 60 Mitglieder sind Frauen, 17 Grenzgänger.

Online-Dokumentationszentrum für Personalvertreter

In ihrer Ansprache machte CSL-Präsidentin Nora Back darauf aufmerksam, dass die Salariatskammer sich im Bildungsbereich für eine systematische Modernisierung der Programme der Berufsausbildung für Lehrlinge und eine Ausweitung des individuellen Bildungsurlaubs einsetzt und, um Personalvertretern die Ar­beit zu erleichtern, in den nächsten Tagen ein Doku­men­­tationszentrum mit Gesetzestexten, Kollektivverträgen, interprofessionellen Vereinbarungen, Grundsatzurteilen und Veröffentlichungen der CSL online stel­len wird. Weitergeführt werden soll auch die Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg und dem öffentlichen Forschungsinstitut LISER. Es geht darum, gewerkschaftliche Forderungen auch wissenschaftlich zu untermauern.

Im Herbst will sich die CSL zudem verstärkt mit EU-Dossiers aus dem Sozial- und Wirtschaftsbereich und mit den budgetären Regeln der EU befassen, die, so Nora Back, »in den vergangenen Jahren viel Not führten«.

In ihren weiteren Ausführungen befasste sich die CSL-Präsidentin mit den wachsenden Ungleichheiten in Luxemburg, unter anderem im Steuerbereich. Sie erinnerte daran, dass die einmal im Jahr veröffentlichte CSL-Studie »Sozialpanora­ma« offengelegt habe, dass das Luxemburger Steuerwesen zu den Systemen mit der niedrigsten Steuerprogression im Einkommensbereich gehört. Dass Kapitalerträge und Vermögen kaum besteuert werden, sei auf Dauer unhaltbar.

Sie machte auch auf die wachsende Kinder- und Altersarmut aufmerksam und forderte eine strukturelle Erhöhung des Kindergeldes und der gesetzlichen Mindest­ren­te, sowie eine Konsolidierung des öffentlichen Rentensystems, beginnend damit, dass die 2012 von der Regierung und der Chamber beschlossenen Verschlechterungen rückgängig gemacht werden.

Darauf hinarbeiten will die »Chambre des salariés«, dass der Woh­nungsbau nicht länger Spekulationsobjekt bleibt, und die Klimapolitik auch budgetär die Wichtigkeit bekommt, die ihr zusteht.

Ein ganz besonderes Augenmerk der Salariatskammer wird allerdings den Arbeitsbedingungen, der Qualität der Arbeit, gelten, auch um zu erreichen, dass die wachsenden psychosozialen Risiken besser erkannt und beseitigt wer­den können, und eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsrechts verhindert wird.