Kaleidoskop19. September 2024

Hochwasser betrifft fast zwei Millionen Europäer

von dpa/ZLV

Fast zwei Millionen Menschen sind in den vergangenen Tagen von den Überschwemmungen in Teilen Europas betroffen gewesen. Das geht aus Angaben des für Krisenprävention zuständigen EU-Kommissars Janez Lenarčič hervor. »In nur wenigen Tagen fiel das Drei- bis Vierfache der durchschnittlichen monatlichen Niederschlagsmenge«, teilte er mit. Flüsse wie die Donau seien auf ein Niveau angestiegen, das seit einem Jahrhundert nicht mehr erreicht wurde.

EU-Kommissart Lenarčič sprach von einer Tragödie, die leider keine Anomalie sei. Sie werde schnell zur Norm für die Zukunft, warnte er und forderte mehr Schutz. »Jeder Euro, der in Prävention und Vorsorge investiert wird, bringt in der Regel zwischen zwei und zehn Euro an vermiedenen Verlusten, Reaktionskosten und anderen Vorteilen zurück«, mahnte er.

Seine Chefin, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, kündigte an, heute ins Flutgebiet nach Polen zu reisen. Auf Einladung des polnischen Premiers Donald Tusk werde sie in Wrocław erwartet, teilte ihre Sprecherin Arianna Podesta mit. Dort plane von der Leyen, auch den österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer und die Regierungschefs der Slowakei und Tschechiens, Robert Fico und Petr Fiala, zu treffen.

Derweil ist die Zahl der in Tschechien ums Leben Gekommenen auf vier gestiegen. In der Gemeinde Kobyle nad Vidnavkou wurde die Leiche einer 70 Jahre alten Frau entdeckt, die seit Tagen als vermißt galt, teilte die Polizei mit. Der Ort liegt im Bezirk Jesenik im Nordosten des Landes. Die Gegend im Altvatergebirge an der Grenze zu Polen war von den Unwettern besonders stark betroffen. Mindestens sieben Menschen gelten in Tschechien weiter als vermißt.

Wo die Wassermassen zurückgegangen sind, beginnt das große Aufräumen. Trinkwasser und Stromgeneratoren werden verteilt. Mehr als 300 Soldaten sind nach Regierungsangaben zur Unterstützung der Zivilbehörden im Einsatz: Sie sollen unter anderem Ersatzbrücken bauen.

Nach Einschätzung des Bürgermeisters von Ostrava, Jan Dohnal, könnte die Beseitigung der Schäden Jahre dauern. In der drittgrößten Stadt des Landes waren ein ganzes Viertel, der Hauptbahnhof, ein Fernwärmekraftwerk und die Kläranlage überflutet worden.

Auch in Polen begannen die Aufräumarbeiten. In der Kleinstadt Nysa, 80 Kilometer von Wrocław entfernt, hob der Bürgermeister die Anweisung zu Evakuierungen auf. Aus öffentlichen Gebäuden wurde das Wasser abgepumpt.

In Österreich fielen die Pegelstände weiter. Dadurch werde »das Ausmaß der verheerenden Schäden immer sichtbarer«, sagte der Vize-Landeshauptmann von Niederösterreich, Stephan Pernkopf. In dem Bundesland sind 18 Orte nach wie vor nicht zu erreichen. Einsatzkräfte sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Im öffentlichen Verkehr entspannte sich die Lage: Die wichtige Zugstrecke von Wien Richtung München ist wieder eingeschränkt befahrbar, und in Wien sind die U-Bahnen wieder in Betrieb. Die Regierung kündigte Hochwasserhilfen von gut einer Milliarde Euro für Kommunen, Haushalte und Unternehmen an.

Auch in Italien kam bei heftigen Regenfällen in der Region Apulien im Süden des Landes ein Feuerwehrmann ums Leben.