Krieg bis zum »totalen Sieg«?
Wenige Tage mit einem gewissen Hoffnungsschimmer sind zu Ende. Der Staat Israel ist nicht bereit – und offensichtlich auch nicht in der Lage – die seit weit über 70 Jahren schwelende Nahost-Krise auf dem Wege der Vernunft zu lösen. Sämtliche Bemühungen, vor allem von Staaten aus der Region, wurden mit der Wiederaufnahme der brutalen Angriffe auf den gesamten Gazastreifen am Freitag vom Tisch gewischt.
Die israelische Staatsführung, genauer gesagt das Kriegskabinett unter Leitung des rechten Regierungschefs Netanjahu will ihre Träume von einer weiteren Ausdehnung des Staatsgebietes unter völligem Einschluß der von Palästinensern bewohnten Gebiete mit aller Macht umsetzen – unter dem Slogan »Vom Fluß bis zum Meer«, wie es selbst im Parteiprogramm von Netanjahus Partei Likud festgeschrieben steht.
Das ist einer der Gründe, warum Netanjahu nicht einmal den Ansatz eines Willens zeigte, die unter komplizierten Bedingungen ausgehandelte und umgesetzte Feuerpause fortzusetzen. Inzwischen erklärte er gegenüber der »Times of Israel«, man werde den Krieg gegen die Hamas »bis zum Ende« und bis zum »totalen Sieg« weiterführen. Während er noch vor wenigen Tagen in Anwesenheit des deutschen Bundeskanzlers und angesichts dessen billigenden Schweigens behauptete, die Hamas-Leute seien »die neuen Nazis«, benutzt er wieder einmal ein Vokabular, das grausame Erinnerungen an die Sportpalast-Rede von Hitlers Propagandaminister hervorrufen.
Ein weiterer Grund für den verzweifelten Siegeswillen des Herrn Netanjahu ist, daß die noch rechteren Koalitionspartner, die er dringend für das Zusammenbasteln seiner ultrarechten Regierung benötigte, genau das von ihm fordern. Er muß aus gutem Grund befürchten, daß bei einer Beendigung dieses Krieges auch die Koalition auseinanderbrechen wird. Ein weiterer Versuch einer Regierungsbildung unter seinem Vorsitz dürfte dann nicht mehr gelingen. Und in diesem Fall wäre es auch mit seiner juristischen Immunität zu Ende, und er müßte sich endgültig vor Gericht den diversen Anklagen stellen, die bereits gegen ihn erhoben wurden.
Völlig unglaubwürdig – und inzwischen widerlegt – ist die ständig wiederholte Behauptung, die israelische Seite sei von dem Angriff der Hamas am 7. Oktober überrascht worden. Vielmehr bot dieser Angriff den seit längerer Zeit gesuchten Vorwand, wieder einmal massiv gegen Gaza loszuschlagen.
Darum wäre es höchste Zeit, die von israelischen Truppen und auch von Siedlern begangenen Kriegsverbrechen auch offiziell als Kriegsverbrechen zu bezeichnen. Während Politiker im kollektiven politischen Westen dem russischen Präsidenten Angriffe auf ukrainische Krankenhäuser vorwerfen, während bekannt ist, daß die längst in militärische Stützpunkte umgewandelt worden waren, schweigen die selben Leute bei massiven Bombenangriffen auf Krankenhäuser in Gaza, wo nachweislich Hunderte Patienten getötet und verletzt wurden, ebenso wie auch medizinisches Personal. Der Behauptung der israelischen Führung, es handle sich um Kommandozentralen der Hamas, wurde von ausländischen Medizinern glaubwürdig widersprochen.
Die Demonstranten, die auch am vergangenen Samstag in Luxemburg auf die Straße gingen, stellten völlig zu Recht die Forderung nach Umsetzung geltender UNO-Beschlüsse zur Schaffung eines Staates Palästina als einzigen Weg zur endgültigen Lösung der Krise im Nahen Osten.