Ausland01. August 2024

Kriegsübungen auf der anderen Seite des Globus

Die deutsche Luftwaffe beteiligt sich am größten Luftwaffenmanöver Australiens und unternimmt einen ersten Abstecher nach Neuseeland

German Foreign Policy/ZLV

Das Luftwaffenmanöver »Pitch Black« wird von den Streitkräften Australiens schon seit den 1980er Jahren abgehalten. Zunächst gemeinsam mit der US Air Force durchgeführt, wird es seit den 1990er Jahren systematisch um Einheiten aus anderen Staaten erweitert. Das diesjährige Manöver ist das bislang größte der Serie; beteiligt sind ungefähr 4.500 Soldaten aus insgesamt 20 Ländern mit 140 Flugzeugen.

Vor allem nehmen Staaten teil, die sich im großen Machtkampf gegen China auf der Seite der USA positionieren – darunter neben einigen Staaten Europas wie Britannien, Frankreich und Spanien auch Japan, Indien und die Philippinen. Hinzu kommen mehrere Staaten, die der Westen gegen China in Stellung zu bringen sucht, etwa Papua-Neuguinea und Fidschi.

Für die deutsche Luftwaffe ist das Manöver eine von insgesamt fünf Übungen, die sie im Rahmen einer zweimonatigen weltumspannenden Manöverreise durchführt. Bereits absolviert hat sie Übungen in Alaska und Japan; aktuell üben deutsche Kampfjets auf Hawaii, und es folgen weitere Trainingsmaßnahmen in Indien.

Gegen Rußland, gegen China

Das Manöverszenario sieht einen Kampfeinsatz eines von den USA geführten Kriegsbündnisses gegen einen fiktiven Staat »Malus« (»schlecht«) vor. »Malus« streitet sich mit einem Staat namens »Amica« (»Freundin«) um ein äußerst rohstoffreiches Gebiet, das als »Autonome Region Amica« bezeichnet wird und dessen Bewohner sich überwiegend mit »Amica« identifizieren. »Malus« ist nun in die Autonome Region einmarschiert und hält sie besetzt. Die USA bereiten einen Militäreinsatz vor, um die Truppen von »Malus« zu verjagen.

Die Bewaffnung, über die »Malus«‘ Streitkräfte in dem Manöverszenario verfügen, gibt einen Hinweis auf den Kriegsgegner, auf den »Pitch Black« vorbereitet: »Malus«‘ Streitkräfte besitzen vor allem russische Waffen, darunter Kampfjets der Typen MiG-29, Su-35 und Tu-160.

Einen weiteren Hinweis kann man dem Manöverschauplatz entnehmen. »Pitch Black« findet vor allem im äußersten Norden Australiens statt; genutzt werden die Luftwaffenstützpunkte Darwin und Tindal. Diese haben in den Planungen der USA für einen möglichen Krieg gegen China eine zentrale Bedeutung als rückwärtige Operationsbasen, von denen aus zum Beispiel Langstreckenbomber – auch atomwaffenfähige – mit Kurs auf China starten können.

Auf www.bundeswehr.de findet sich ein weiterer interessanter Hinweis: »Dass zudem Deutschland, Frankreich und Spanien an Pitch Black beteiligt sind, dient einem weiteren Zweck: Die drei Staaten entwickeln das europäische Waffensystem der Zukunft (Future Combat Air System, FCASFuture Combat Air System) und nutzen die Übung auch, um ihr Zusammenspiel im Bündnis noch effektiver abzustimmen.«

Während »Pitch Black« noch bis Ende dieser Woche andauert, hat die deutsche Luftwaffe zum ersten Mal einen Abstecher nach Neuseeland unternommen. Entsandt hat sie ein Transportflugzeug A400M, das auf der Manöverreise der Luftwaffe für den Transport von Material und Personal benötigt wird, an »Pitch Black« selbst aber nicht teilnimmt und während der Übung auf der Luftwaffenbasis Amberley an der australischen Ostküste stationiert ist. Der kurze Abstecher nach Neuseeland soll, wie die Bundeswehr angibt, »die militärischen Beziehungen« zu einem »strategischen Partner« in der Asien-Pazifik-Region ein wenig stärken.

Der Schritt erfolgt, nachdem die Bundesrepublik Deutschland die militärischen Beziehungen zu Australien in den vergangenen drei Jahren systematisch intensiviert hat. Auf erste gemeinsame Kriegsübungen, die die Fregatte »Bayern« auf ihrer Asien-Pazifik-Fahrt von August 2021 bis Februar 2022 gemeinsam mit der australischen Marine durchführte, folgte bereits 2022 die erste Teilnahme der deutschen Luftwaffe an »Pitch Black« und im vergangenen Jahr darüber hinaus eine erste Teilnahme von Einheiten der deutschen Bundeswehr an zwei Großmanövern in Australien.

Neuseelands Nuklearfreiheit

Neuseeland ist gerade dabei, seine Außen- und Militärpolitik umzugestalten. Es kooperiert seit je sehr eng mit Australien und gehört zudem dem Geheimdienstbündnis »Five Eyes« an, in dem es mit den USA, Kanada, Britannien und Australien zusammenarbeitet. Es hat sich zudem 1951 mit den USA und Australien zum ANZUS-Pakt zusammengetan; das Kürzel ergibt sich aus den Ländernamen: Australia, New Zealand, United States.

Einen Bruch gab es allerdings in den 1980er Jahren. 1984 beschloß die Regierung in Wellington, keine atomgetriebenen oder sogar atomar bewaffneten Schiffe in seinen Häfen und in seinen Territorialgewässern zu dulden; atomgetriebene U-Boote der U.S. Navy durften seitdem nicht mehr in Neuseeland anlanden. Washington reagierte, indem es 1986 seine Verpflichtungen gegenüber Neuseeland aus dem ANZUS-Pakt suspendierte.

Während Australien insbesondere unter Premierminister Scott Morrison (2018 bis 2022) sich außergewöhnlich eng an die USA band und einen hart antichinesischen Kurs steuerte, hielt sich Neuseeland vergleichsweise zurück. So beteiligte es sich zum Beispiel nicht am AUKUS-Pakt, den 2021 die USA, Britannien und Australien schlossen und der nicht zuletzt den gemeinsamen Bau atomgetriebener U-Boote vorsieht.

Positionierte sich im vergangenen Jahr dann aber bereits die zunächst noch amtierende Labour-Regierung immer deutlicher auf Seiten der USA gegen China, so beschleunigte die im November ins Amt gelangte Regierung unter Premierminister Christopher Luxon, die als die rechteste Regierung Neuseelands seit Jahrzehnten gilt, den Prozeß. Sie kooperiert enger und offener mit der NATO als die Vorgängerregierungen, und sie orientiert recht offen auf eine Beteiligung am AUKUS-Pakt, allerdings wegen der 1987 umfassend proklamierten Nuklearfreiheit des Landes nicht an dessen nuklearer Komponente, zu der Entwicklung und Bau atomgetriebener U-Boote gehören.

Möglich wäre die Beteiligung an der sogenannten zweiten Säule des AUKUS-Pakts, die die gemeinsame Entwicklung von Hyperschallwaffen und die Vorbereitung von Cyberkriegsoperationen umfaßt, nicht zuletzt auch Arbeiten zur militärischen Nutzung von Künstlicher Intelligenz.