Alarm im westlichen Kasperletheater
Helle Aufregung herrscht in diesen Tagen in Regierungskreisen etlicher Hauptstädte von Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Kriegsbündnisses NATO. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, einst ein Zögling der deutschen »liberalen« FDP, später gelehriger Schüler der konservativen deutschen CDU und CSU, erlaubt sich doch tatsächlich, einfach mal so nach Kiew zu reisen und dem ukrainischen Staatschef, dessen Mandat als Präsident längst abgelaufen ist, eine Feuerpause nahezulegen. Dies könne der Beginn für dringend notwendige Gespräche sein, verlautete aus Kreisen der ungarischen Delegation, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
Herr Selenski war darob offenbar so perplex, daß bis heute nicht öffentlich bekannt wurde, ob und wie er darauf reagiert hat. Bisher hatten sämtliche Besucher aus den westlichen Ländern sowohl Geschenke in Form von Waffen und Munition im Gepäck, als auch die Aufforderung, den Krieg auf keinen Fall durch Gespräche zu beenden.
Auf die Spitze getrieben hatte es seinerzeit der britische Premier Boris Johnson, der die ukrainische Führung in Kiew aufforderte, einen fast unterschriftsreifen Vertrag über einen Friedensschluß mit Rußland nicht zu unterzeichnen und stattdessen einen militärischen Sieg auf dem Schlachtfeld zu suchen. Das Hauptproblem dürfte seinerzeit die von Selenski und seiner Parlamentsfraktion öffentlich verkündete Bereitschaft gewesen sein, auf eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO zu verzichten.
Seitdem geht es mit dem Krieg, dem massenhaften Sterben, den Zerstörungen und der damit verbundenen nachhaltigen Schädigung der Umwelt immer weiter. Milliarden über Milliarden an Dollar und Euro wurden und werden weiterhin verpulvert, bezahlt von den Steuerzahlern der jeweiligen »Geberländer«, die jedoch nicht um ihre Meinung darüber befragt werden. Die Parole von einem »Sieg über Rußland auf den Schlachtfeld« ist so etwas wie eine »Staatsdoktrin« für die EU, die NATO und ihre Mitgliedstaaten geworden. Die Maxime, unbedingt alles zu unternehmen, um Rußland zu schaden, ist inzwischen fester Bestandteil der oft zitierten westlichen »Werte« – auch um den Preis, daß damit den eigenen Ländern großer Schaden zugefügt wird.
Doch angesichts der immer offensichtlicher werdenden Aussichtslosigkeit, diesen Krieg tatsächlich gewinnen zu können, scheint nun die Front der Kriegspolitiker nach und nach zu bröckeln. In der NATO läßt sich ein langfristiges Versprechen von immer mehr Waffen für die Ukraine nicht mehr widerstandslos durchsetzen. Und Viktor Orbán setzt dem nun die Krone auf. Von Kiew reiste er am Freitag nach Moskau, um mit Putin über Wege zum Frieden zu sprechen, und nun auch noch nach Beijing, denn die Regierung Chinas hatte schon seit vielen Monaten einen Plan für den Frieden in der Ukraine öffentlich gemacht, der allerdings in den westlichen Medien eher verlacht als veröffentlicht wurde, und der sich in erster Linie an den Grundprinzipien der UNO orientiert.
Man muß Herrn Orbán und seine politische Linie nicht mögen. Er ist ein Antikommunist, ein Narzißt mit deutlich ausgeprägtem Hang zur Selbstüberschätzung, ein Nationalist und auch ein gewiefter Taktiker. Sollte er jedoch mit seiner »Friedensmission« dazu beitragen, den Krieg in der Ukraine einem Ende näher zu bringen, indem Friedensverhandlungen unter Beachtung der Sicherheitsinteressen aller Seiten geführt werden, hat er den Respekt aller verdient, die keinen Krieg und stattdessen Frieden wollen.