Kriegspropaganda mit Zeitfenster
Einmal mehr schlagen seit dem vergangenen Wochenende die Wellen im Konflikt um Taiwan hoch. In einem auf den 1. Februar datierten Memorandum, das bereits am vergangenen Freitag dem TV-Sender NBC News zugespielt wurde, fordert Michael A. Minihan, ein Vier-Sterne-General der U.S. Air Force, umfangreichere Vorbereitungen für einen Krieg der USA gegen China, den Minihan bereits im Jahr 2025 erwartet.
Trotz des dem Pentagon vom USA-Kongreß Mitte Dezember für 2023 bewilligten Rekordbudgets von (offiziell) 858 Milliarden US-Dollar hält der General, dessen Kommandantur für den Lufttransport von Soldaten und Kriegsgerät sowie das Betanken von Kampfjets und anderen Kriegsflugzeugen aus der Luft zuständig ist, die USA-Militärmaschinerie für einen Krieg mit der Volksrepublik für unvorbereitet und empfiehlt nachdrücklich Kriegsübungen mit scharfer Munition.
»Ich hoffe, ich liege falsch. Mein Bauch sagt mir, daß ich 2025 kämpfen werde«, so Minihan in dem internen Memorandum an seine Untergebenen mit dem Titel »February 2023 Orders in Preparation for – The Next Fight«. Pentagon-Chefsprecher Patrick S. Ryder hat die Echtheit des Memos bestätigt.
Unter Washingtons Kriegsplanern macht schon seit zwei Jahren das »Davidson Window« die Runde. Propagiert wird es zum Beispiel von Michael John Gallagher, einem Abgeordneten der Republikaner im Repräsentantenhaus. Das Zeitfenster bezieht sich auf eine Äußerung von Admiral Philip S. Davidson im Frühjahr 2021 vor dem Streitkräfteausschuß des Senats. Admiral Davidson, bis April 2021 Kommandeur des »U.S. Indo-Pacific Command«, untermauerte seine Forderung nach einer massiven Aufrüstung im Pazifik unter anderem mit der Behauptung, China werde Taiwan militärisch überfallen – und zwar »in den nächsten sechs Jahren«.
Gallagher und andere antichinesische Hardliner in den USA erklären seither, es gelte, Gegenmaßnahmen zu treffen, bevor sich das »Davidson Window« wieder schließe: Man müsse sich auf einen Krieg im Pazifik vorbereiten – »jetzt«.
An der unverhohlenen Kriegspropaganda gegen China beteiligt sich auch der mittlerweile pensionierte USA-Admiral James G. Stavridis, der bis Mai 2013 Oberbefehlshaber der NATO in Europa war. Im März 2021 hat Stavridis ein Buch publiziert, in dem er in Romanform einen künftigen Krieg zwischen den USA und der Volksrepublik beschreibt. Dieser eskaliert zum Atomkrieg; bei einem Nuklearwaffenangriff der USA auf die größte chinesische Industriestadt Shanghai kommen in der »Novelle über den nächsten Weltkrieg« mehr als 30 Millionen Menschen ums Leben.
»Wir müssen uns alle gemeinsam vorstellen, wie schrecklich ein Atomkrieg ist, um ihn zu vermeiden«, hat Stavridis im Juni 2021 in der auflagenstarken japanischen Tageszeitung »Asahi Shimbun« erklärt: »Das soll das Buch bezwecken.«
Äußerungen, die dem Buch folgten, stimmen jedoch pessimistisch. Stavridis nannte seine Prosaerzählung »2034«. Das ist das Jahr, in dem seiner Einschätzung nach ein Krieg zwischen den USA und China droht. Viele seiner Offizierskollegen hielten das Szenario, das in der Erzählung beschrieben wird, für sehr realistisch, berichtet Stavridis. Nur seine zeitliche Prognose stoße auf Kritik: Viel wahrscheinlicher sei es, daß der Krieg der USA gegen China früher beginne, höre er immer wieder – 2026, vielleicht schon nächstes Jahr.