Ausland16. Mai 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

76 Jahre Vertreibung

Tausende Palästinenser haben im Westjordanland an die Flucht und Vertreibung von mehr als 700.000 Palästinensern während des ersten Nahost-Kriegs 1948 erinnert. Die Palästinenser begehen den »Nakba-Tag«, den »Tag der Katastrophe«, jedes Jahr am 15. Mai und damit einen Tag nach dem Jahrestag der israelischen Staatsgründung vom 14. Mai 1948. Im Westjordanland heulten für 76 Sekunden Sirenen – eine Sekunde für jedes Jahr seit der Nakba.

Nördlich von Ramallah kam es in der Nähe einer jüdischen Siedlung zu Übergriffen israelischer Soldaten, bei denen ein junger Mann erschossen wurde. Damit wurden im Westjordanland seit Jahresbeginn 170 Palästinenser getötet.

Die Zahl der palästinensischen Flüchtlinge und ihrer Nachfahren ist nach Angaben der UNO auf rund sechs Millionen angewachsen.

Das israelische Militär hat am Mittwoch die Palästinenser im Norden des Gazastreifens aufgefordert, sich vor einem »größeren Militäreinsatz« in Sicherheit zu bringen. Ein Armeesprecher hatte am Vormittag von einer »Intensivierung der Militäreinsätze im Gebiet von Dschabalia seit Dienstagnacht« gesprochen.

Während die israelische Armee mit Panzern tiefer in die Stadt Rafah vorrückt, planen die USA eine neue milliardenschwere Waffenlieferung an Israel. Laut der Gesundheitsbehörde in Gaza wurden seit Kriegsbeginn mehr als 35.100 Palästinenser getötet.

Mordanschlag auf slowakischen Regierungschef

Der slowakische Regierungschef Robert Fico ist nach einer Kabinettssitzung in der Stadt Handlova angeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Er wurde per Hubschrauber in ein Krankenhaus nach Banska Bystrica geflogen. Der Angreifer wurde festgenommen. Laut Augenzeugen fielen mindestens vier Schüsse, ein Schuß habe ihn in die Brust getroffen. Der Regierungschef hat sich bereits mehrmals vehement für Verhandlungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine eingesetzt.

Ausnahmezustand in Neukaledonien

Wegen der Unruhen in Neukaledonien mit bisher mindestens drei Toten hat Frankreich für das rund 17.000 Kilometer entfernte Überseegebiet den Ausnahmezustand ausgerufen. Präsident Macron habe ein entsprechendes Dekret auf den Weg gebracht, teilte der Élysée-Palast am Mittwoch nach einer Krisensitzung mit. Der Ausnahmezustand erleichtert es, Ausgangssperren und Demonstrationsverbote zu erlassen und kann Polizei und Justiz erweiterte Befugnisse geben. Auslöser der Unruhen ist eine Verfassungsänderung der Regierung in Paris, gegen die Unabhängigkeitsbefürworter in Neukaledonien protestieren. Die Reform würde französischstämmigen Einwohnern die Teilnahme an örtlichen Wahlen und damit mehr Einfluß ermöglichen. Bei den Protesten wurden bereits mehrere Hundert Menschen verletzt. Neukaledonien liegt rund 1.500 Kilometer östlich von Australien im Südpazifik.

Tschechiens Präsident für Friedensgespräche

Prag – Der tschechische Präsident Petr Pavel hat vor unrealistischen Erwartungen im Krieg in der Ukraine. »Es wäre naiv zu glauben, daß die Ukraine in absehbarer Zeit vollständig die Kontrolle über ihr Territorium zurückgewinnen kann«, sagte der frühere tschechische Generalstabschef im Sender Sky News. Rußland werde »die besetzten Gebiete nicht aufgeben«. »Was wir tun müssen, ist, den Krieg zu stoppen«, forderte er. Anschließend könne man über eine künftige Vereinbarung verhandeln. Einen Kompromiß könne es indes nur mit Zustimmung der Ukraine und Rußlands sowie mit der Hilfe von Garantiestaaten geben.

Hoffnungen auf einen baldigen NATO-Beitritt der Ukraine dämpfte Pavel ebenfalls. »Ich denke, das kommt nicht infrage, solange der Krieg in der Ukraine andauert«, betonte er. Zunächst müsse der Frieden in der Region wiederhergestellt werden. Auch die Überlegungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine wies Pavel zurück. Das würde seiner Ansicht nach unmittelbar eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Rußland verursachen. »Niemand will einen solchen Konflikt in Europa«, sagte Pavel.

Pavel gilt eigentlich als starker Unterstützer Kiews. Er steht hinter einer Initiative, die rund 800.000 Artilleriegranaten in Staaten außerhalb der EU für die Ukraine beschaffen möchte. Eine »erste Teillieferung« soll angeblich im Juni erfolgen.

Zwei Milliarden Dollar Militärhilfe für Ukraine

Selenski sagt Auslandsreisen ab

Washington/Kiew – Die USA-Regierung stellt der Ukraine zwei Milliarden US-Dollar für militärische Zwecke zur Verfügung, kündigte USA-Außenminister Antony Blinken am Mittwoch bei seinem Besuch in Kiew an. Mit einem Teil des Geldes wolle man Waffenlieferungen finanzieren, sagte Blinken. Ein weiterer Teil sei für »Investitionen in die ukrainische Verteidigungsindustrie« vorgesehen. Das Geld solle der Ukraine auch bei der Beschaffung militärischer Ausrüstung aus anderen Ländern helfen.

»Wir arbeiten daran, daß sich die Ukraine heute auf dem Schlachtfeld durchsetzen kann«, sagte Blinken bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Außenminister Kuleba. Am Vortag hatte Blinken den ukrainische Präsident SelenskI getroffen. Laut einer Meldung von AFP sagte er bei einer Rede in Kiew, die USA werden »die Ukraine unterstützen, bis die Sicherheit des Landes garantiert ist«. Er beschrieb die Sicherheitsabkommen, die die Ukraine derzeit mit mehreren Ländern abschließt, als »Brücke zu einer NATO-Mitgliedschaft.

Präsident Selenski hat angesichts der der Lage an den Fronten für die kommenden Tage alle Auslandsreisen abgesagt. Er habe »die Anweisung gegeben, alle internationalen Veranstaltungen mit seiner Beteiligung für die kommenden Tage zu verschieben«, teilte sein Sprecher am Mittwoch mit. Zuvor hatte bereits das spanische Königshaus ein für Freitag geplantes Treffen Selenskis mit König Felipe VI. in Madrid wieder von seiner Internetseite gelöscht. Auch eine Reise Selenskis nach Portugal wurde nun gestrichen.

EU-Kommission mit wenig Optimismus

Brüssel – Die deutsche Wirtschaft wird nach Meinung der EU-Kommission in diesem Jahr nahezu stagnieren. In einer am Mittwoch vorgelegten Schätzung prognostiziert sie für 2024 nur noch ein minimales Wachstum von 0,1 Prozent. Als Gründe werden etwa eine schwache Auslandsnachfrage, ein schleppender privater Konsum und zu geringe Investitionen genannt. Im EU-Vergleich sind die Aussichten nur für Finnland (0,0 Prozent) und Estland (-0,5 Prozent) noch schlechter.

EU-weit werde sich die Wirtschaft »leicht stabiler entwickeln« als zuletzt erwartet: Die Kommission rechnet für 2024 mit einem Wachstum von 1,0 Prozent. Bei ihrer Winterprognose im Februar ging sie von einem Plus von 0,9 Prozent aus. Für die Eurozone prognostiziert die Behörde weiterhin ein Wachstum von 0,8 Prozent. Auch für 2025 senkt die Kommission ihre Prognose schon jetzt von 1,7 auf 1,6 Prozent prognostiziert (Eurozone: von 1,5 auf 1,4 Prozent).

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni gab zu bedenken: »Unsere Prognose unterliegt hohen Unsicherheiten, denn in Anbetracht zweier Kriege vor unserer Haustür haben die Abwärtsrisiken zugenommen.« Zudem stellten auch andere geopolitische Spannungen nach wie vor ein Risiko da, heißt es in der Prognose. Ebenso die anhaltende Inflation in den USA könnte Auswirkungen auf die globalen Finanzbedingungen haben, weiterhin belasteten mit dem Klimawandel verbundene Risiken den Ausblick.

Einmischung von EU-Spitzen in Georgien

Brüssel – Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Einschränkung des ausländischen Einflusses auf die Zivilgesellschaft in Georgien haben EU-Spitzenvertreter die Regierung Georgiens offen aufgefordert, das Gesetz zurückzuziehen. »Die Verabschiedung dieses Gesetzes wirkt sich negativ auf die Fortschritte Georgiens auf dem Weg in die EU aus«, erklärten der Außenbeauftragte Josep Borrell und der zuständige Kommissar Oliver Varhelyi in einer gemeinsamen Mitteilung am Mittwoch. »Wir fordern die georgischen Behörden nachdrücklich auf, das Gesetz zurückzuziehen, ihr Bekenntnis zum EU-Beitritt aufrechtzuerhalten und die in den neun Schritten beschriebenen notwendigen Reformen voranzutreiben.«

Georgien hat seit Ende vergangenen Jahres den Status eines Beitrittskandidaten in der EU. Die EU-Staaten hatten Georgien diesen Status unter der Voraussetzung zuerkannt, daß das Land neun Schritte aus einer Empfehlung der Kommission umsetzt.

Das am Dienstag gebilligte Gesetz besagt vor allem die Rechenschaftspflicht für Organisationen und Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten. Zur Begründung heißt es, mehr Transparenz sei nötig.

Nach der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament hielten die Massenproteste in der Hauptstadt an.

Irland will Palästina als Staat anerkennen

Dublin – Die irische Regierung will Palästina noch im Mai als eigenen Staat anerkennen, sagte Außenminister Micheál Martin in einem Interview des irischen Radiosenders Newstalk am Mittwoch. Das genaue Datum stehe noch nicht fest, sagte Martin, weil man sich noch mit anderen Ländern abstimmen wolle. Es werde aber mit Sicherheit vor Ende des Monats geschehen. Irland hatte zuletzt Gespräche unter anderem mit Spanien über eine gemeinsame Anerkennung Palästinas als Staat geführt.

Martin begründete den geplanten Schritt mit der Unterstützung seiner Regierung für eine Zweistaatenlösung. Das sei die einzige Lösung, durch die Israelis und Palästinenser friedlich Seite an Seite leben könnten, so der konservative Politiker.

Martin zeigte sich schockiert über die israelischen Angriffe in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens. »Das Leiden ist enorm. Tod und Zerstörung sind enorm, und die Menschen wollen, daß es aufhört, die internationale Gemeinschaft will, daß es aufhört«, sagte Martin.

Deutscher Außenhandelsverband warnt vor Handelskonflikt

Berlin – Der Außenhandelsverband BGA hat angesichts des sich zuspitzenden Handelskonflikts zwischen den USA und China vor einer Nachahmung durch die EU gewarnt. »Die Ankündigung, die Einfuhrzölle für Elektroautos in den USA zu vervierfachen, ist vor dem Hintergrund des sich immer weiter zuspitzenden Wahlkampfes in den USA zu sehen«, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Wir lehnen solche Maßnahmen ab, denn ihre Wirkung ist höchst zweifelhaft. Dies vor allem, da mit chinesischen Gegenmaßnahmen zu rechnen ist«, betonte Jandura. Am Ende würde alles teurer und Verlierer seien die Verbraucher sowie Unternehmen.

Leiden würde vor allem die deutsche Automobilindustrie, sagte Jandura. »Es gibt kein einziges Auto in der EU ohne Teile aus China. Zudem importieren unsere Hersteller ihre Elektromodelle aus China. Wir würden uns also ins eigene Fleisch schneiden«, betonte der Verbandspräsident. »Wir müssen den Wettbewerb annehmen. Und wir müssen für gleiche Wettbewerbsbedingungen kämpfen.«

Das »Wall Street Journal« schrieb dazu am Mittwoch: »Biden versucht, eine schöne neue grüne Wirtschaft in den USA zu schaffen, aber sein politisches Problem ist, daß China den größten Teil davon liefern will. Die Lösung? Neue und strenge Zölle auf chinesische Waren, die die Zölle von Donald Trump bei Weitem übertreffen. (...) Biden hat versprochen, daß seine grünen Subventionen und Vorschriften Hunderttausende Arbeitsplätze schaffen werden. Aber die Arbeiter sehen sie nicht, und Trump nutzt das Thema (...). Bidens Zölle werden mit Sicherheit die Lieferketten der Unternehmen unterbrechen und die Kosten für US-Verbraucher und Unternehmen erhöhen.«

Rechte Koalition in Niederlanden

Den Haag – Die Niederlande bekommen eine rechte Regierungskoalition. Knapp sechs Monate nach der Parlamentswahl haben sich der radikal-rechte Populist Geert Wilders und drei weitere Parteien auf ein Koalitionsabkommen geeinigt. Unklar war zunächst, wer neuer Ministerpräsident werden soll – Wilders hatte schon zuvor verzichtet. Der Inhalt des Abkommens wurde bis zum Nachmittag nicht veröffentlicht. Zunächst sollten die Fraktionen informiert werden, die auch noch zustimmen müssen. Bis Mitternacht lief eine Frist, bis zu der die Gesprächsleiter dem Parlament ihren Bericht übergeben müssen.

Die künftigen Regierungsparteien sind neben der Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders, die rechtsliberale VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die neue rechtskonservative NSC sowie die rechtspopulistische Bauernpartei BBB. Geplant ist ein loses Bündnis mit einer Ministerriege, die etwa zur Hälfte aus »parteilosen Experten« besteht.


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