Luxemburg13. Juni 2024

»Mangels Nachfrage« schließt die Gemeinde Differdingen das Jugendhaus in Lasauvage

»Junge Menschen sind uns wichtig« – tatsächlich?

von KP

Seit 15 Jahren besteht das Jugendhaus in Lasauvage. Gemäß der gemeindeeigenen Internetseite ein Treffpunkt für Jugendliche von 12 bis 26 Jahren. Eine – vorsichtig ausgedrückt – optimistische Altersspanne.

Laut den Online-Infos, sei das Haus immer mittwochs von 12 bis 19 Uhr geöffnet, während nun, wo die Schließung dieses Hauses beschlossen ist, Jugendschöffe Thierry Wagner (LSAP) gegenüber dem »Luxemburger Wort« nur zwei Stunden angibt. 2023 haben nur 69 Jugendliche diese Struktur besucht, so der Schöffe. Zudem vermeldet der Lokalpolitiker, dass die Tür des Jugendhauses in Lasauvage während den letzten 10 Monaten nur fünfmal geöffnet gewesen sei. Dies alles sei, gemessen an den Kosten für den Betrieb des Hauses, zu wenig…

Bemisst man nun nur den Wert des Treffpunktes an den alleinigen Aussagen des Schöffen, könnte man gewillt sein, die Unwirtschaftlichkeit dieser Struktur anzuerkennen. Dennoch stellen sich viele Fragen.

Warum wird Online weiter angegeben, das Jugendhaus sei immer am Mittwoch für fünf Stunden geöffnet? Was haben die Mitarbeiter des »judiff Asbl« unternommen, um die Struktur für die Teenager attraktiv zu machen? Was hat es damit auf sich, dass für den 12. Juli ein Treffen zwischen der Stadt, dem Träger und dem Ministerium für Bildung, Kindheit und Jugend verabredet wurde, wenn die Entscheidung längst in Stein gemeißelt wurde?

Rechenaufgabe bringt erste Antworten

Bezieht man sich nun auf die weiteren Aussagen des Differdinger Schöffen, so ist die Struktur Jugendtreff im Fousbann mit 6.156 Teilnehmern im letzten Jahr das bestbesuchte Haus der insgesamt vier Strukturen. Diese ist allerdings auch an fünf Tagen pro Woche geöffnet, und das dann auch jeweils mindestens fünf Stunden. Das ergibt nach Adam Riese 260 Tage. Im Schnitt 24 Kinder pro Öffnungstag. In Lasauvage, wo der Jugendtreff »nur« fünf Tage für je zwei Stunden geöffnet hatte, wären es immerhin noch 13 Kinder pro Öffnungstag.

Bezogen auf die Online-Angaben der »judiff Asbl«, die ganze neun Erzieher beschäftigt, steht das Angebot der Struktur in Lasauvage den andern Häusern in nichts nach. Billard, Kicker, Computer und vieles andere mehr, steht den Kids zur Verfügung. Wenn der Zugriff auf dieses Angebot allerdings auf zwei Stunden an fünf Tagen, über die Dauer von zehn Monaten, eingeschränkt ist, sollte nachvollziehbar sein, warum das Interesse derart gering ist.

»Aufsuchende Jugendarbeit«

Man mag erst gar nicht darauf hinweisen, dass der Jugendtreff in Lasauvage sowohl idyllisch in der grünen Lunge der Stadt Differdingen gelegen ist, als auch, dass der motorisierte Verkehr hier doch sehr überschaubar ist. Zudem hat es einen vom CIGL angelegten Spiel- und Bolz­platz. Sogar die bildungs­bezogene »Naturschoul« ist nur ein Steinwurf entfernt. Es ließe sich also so manches machen, wenn man denn wollte.

Richtig ist auch, dass die Anbindung nach Lasauvage mit dem öffentlichen Verkehr eher mäßig ist. Das könnte der geringen Einwohnerzahl geschuldet sein, verhindert aber zugleich, dass die hier angesprochene Alterskategorie, also eigentlich eher 12 bis 16 Jahre, das klägliche Angebot überhaupt wahrnehmen. Nun hat aber die »judiff Asbl« einen eigenen Kleinbus, der die Kids in Lasauvage abholen soll, um diese in die »besseren« Strukturen zu bringen. Andersherum scheint das irgendwie nicht möglich.

Entsprechend den online zugänglichen Informationen, soll die Leiterin der »judiff Asbl«, Kelly Gomes, auf dem Stadtgebiet die Jugendlichen ansprechen und für die unterschiedlichen Angebote und Häuser gewinnen. Das nennt sich »aufsuchende Jugendarbeit«. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Straßen von Lasauvage nicht so wirklich zum Stadtgebiet gehören.

Wo bleibt die Transparenz?

Es ist gemeinhin bekannt, dass die Politik immer wieder betont, dass die Kinder die Zukunft seien. Dies trifft insbesondere auf den zuständigen Minister Claude Meisch (DP) zu, ein »Déifferdénger Bouf«. Auch die LSAP wird in ihren politischen Programmen und Wahlversprechen nicht müde, auf den gesellschaftlichen Stellenwert der Teenager hinzuweisen. Dass der geschasste Ex-Bürgermeister und ehemalige Abgeordnete Roberto Traversini Präsident der Asbl ist, ist dann aber nur ein Detail unter vielen.

Nun hat sich dann auch noch herausgestellt, dass in den Unterlagen, die Stadt Differdingen als Vermieter des Hauses, die Asbl und das Ministerium als Mieter vermerkt sind.

Das Haus allerdings ist Staatseigentum, was wohl bedeutet, dass hier echte Experten am Werk waren. Streng juristisch betrachtet ist es Betrug, zumindest dann, wenn der Stadt die Miete fürs Haus überwiesen wurde. Ob keiner die im Ministerium die Besitzverhältnisse überprüft hat, und wer letztendlich alles seine Hände im Spiel hatte, das alles sollte in aller Transparenz geklärt werden.

Die Geschädigten sind bekanntlich die Kinder. Kinder haben keine Lobby und wohl auch kaum die Möglichkeit, Klage gegen die Verursacher einzuleiten. Claude Meisch könnte (müsste) fèr Aufklärung sorgen, wird als Differdinger aber wenig Interesse haben, seiner Stadt zu schaden, zumal er von 2002 bis 2013 auch Bürgermeister war und seine Unterschrift in den Unterlagen auftauchen dürfte. Er wurde von 2014 bis 2019 von Roberto Traversini (Déi Gréng) abgelöst, der ja auch Gründer der Jugendhäuser »SABA« war. Nachdem er in Ungnade gefallen war, übernahm 2019 die Parteikollegin Christiane Brassel-Rausch das Amt, das nun von Guy Altmeisch (LSAP) besetzt ist. Dieser sprach rezent in einer Gemeinderatssitzung von der illegalen Vermietung.

Die Politik hat also wieder einmal versagt, gepfuscht, und ob es juristisch zur Aufarbeitung kommen wird, steht noch in den Sternen. Die Konsequenzen werden aber gerade den Kids aufgezwungen, die man zu Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein animieren möchte.