Luxemburg08. September 2023

Ryanair-Piloten wollen ihre Kaufkraft zurück

Vierter Streik am Flughafen Charleroi in diesem Sommer: Piloten der irischen Billigfluglinie fordern Inflationsausgleich

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Am Donnerstag und am Freitag nächster Woche (14. und 15. September) werden sich die belgischen Piloten der irischen Billigfluglinie Ryanair nicht ins Cockpit setzen. Etwa 90 Flüge von und nach Charleroi werden wohl ausfallen, darunter die Verbindungen nach Barcelona, Prag und Lissabon. Die im Christlichen Gewerkschaftsbund CSV/ACV organisierten Piloten fordern das Lohnniveau von vor der Coronapandemie – inklusive eines Ausgleichs für die inflationsbedingten Reallohnverluste. Auch fordern sie die Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeiten. Es ist bereits der vierte zweitägige Arbeitskampf bei Ryanair in diesem Sommer in Belgien, doch der erste an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen.

Während der Pandemie verzichteten die Piloten auf ein Fünftel ihres Lohns, um dem finanziell ins Luftloch gefallenen Unternehmen unter die Arme zu greifen. Sie taten das beileibe nicht freiwillig, vielmehr setzte Ryanair ihnen die Pistole auf die Brust: Lohnverzicht oder Kündigung. Mittlerweile sind Flugreisen wieder schwer gefragt, und die Piloten fordern nun ihre Kaufkraft zurück. Die irische Billigairline, auf die in Charleroi die Hälfte aller Flugbewegungen zurückgeht, ist dazu nur bedingt bereit, verweigert nämlich den auch in Belgien gesetzlich vorgeschriebenen automatischen Inflationsausgleich (Index). Ryanair ist jedoch dafür bekannt, jedes Hintertürchen für sich auszunutzen.

Aktuell erhalten die Piloten etwa so viel wie vor der Pandemie, sie können sich von ihrem Lohn aber mittlerweile nicht mehr so viel kaufen. »Außerdem zwingt Ryanair den Piloten rechtswidrig einen zusätzlichen Arbeitstag auf, und wir fordern, daß Ryanair das zurücknimmt«, sagte der für die Zivilluftfahrt zuständige CSV/ACV-Sekretär Hans Elsen während des dritten Arbeitskampfes in Charleroi Mitte August.

Auf der Internetseite des Unternehmens hatte es zuvor geheißen: »Der belgischen Pilotengewerkschaft wurde ein Kollektivvertrag angeboten, dem die meisten anderen Pilotengewerkschaften in der EU zugestimmt haben.« Deshalb, so Ryanair, seien die Streiks in Charleroi »zwecklos«. Das Geschäftsmodell der Airline besteht seit jeher darin, die via Internet gebuchten Flugtickets durch rabiate Kostensenkung deutlich billiger anzubieten als die Konkurrenz – und sich den Großteil der entgangenen Einnahmen mit Gebühren für Koffer und Platzreservierung, dem Verkauf von Getränken, Speisen und Losen an Bord doch noch zu sichern. So konnte Ryanair zur größten Billigfluggesellschaft Europas und der für seine Kompromißlosigkeit und offene Feindschaft gegenüber den Salariatsvertretern bekannte Konzernchef Michael O’Leary zum Milliardär aufsteigen.

In dem Arbeitskampf geht es auch um die Arbeitszeitenregelung beim irischen Billigflieger. Wie bei dem seit diesem Sommer auf dem Findel vertretenen kleineren ungarischen Konkurrenten Wizz Air setze sich auch Ryanair bei der Regelung der Ruhezeiten seiner Piloten immer wieder über die Vorgaben der staatlichen Aufsichtsbehörden hinweg, beklagen die Gewerkschaften. Von der belgischen Föderalregierung und der Regierung der Wallonie fordern die Salariatsvertreter, Ryanair unter Druck zu setzen und zur Einhaltung des belgischen Arbeits- und Kollektivvertragsrechts anzuhalten.