Leitartikel03. August 2023

Der »ökologische Fußabdruck« des Kapitalismus

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Klimaerwärmung, Ressourcenausbeutung, Umweltschäden – die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse. Das ist lange bekannt, doch eine Trendumkehr läßt auf sich warten. In diesem Jahr gibt es allerdings ein leicht positives Signal: »Erst« am gestrigen 2. August war der »Earth Overshoot Day« (Erdüberlastungstag) erreicht. Im vergangenen Jahr war der 28. Juli der Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde in einem Jahr zur Verfügung stellen kann. Trotzdem bedeutet das noch immer eine gewaltige Übernutzung: Die Menschen leben so, als hätten sie 1,7 Planeten zur Verfügung.

Seit über fünf Jahrzehnten schon wird die Erde übermäßig ausgebeutet, zeigen die Analysen des »ökologischen Fußabdrucks« durch das von Mathis Wackernagel gegründete und geleitete Global Footprint Network. Der von dem Schweizer Ingenieur und dem kanadischen Ökologieprofessor William Rees ab 1994 entwickelte Nachhaltigkeitsindikator zeigt, daß sich die Welt im »Overshoot« befindet, weil sie derzeit Ressourcen im Ausmaß von 1,7 Erdplaneten verbraucht.

Die Hauptursache für diese ökologische Überbeanspruchung ist in den Exzessen der reichen Länder zu suchen, die sich aktuell auf dem Globus verdoppeln. Hinterließe die gesamte Weltbevölkerung den ökologischen Pro-Kopf-Fußabdruck der USA, würden sogar vier Erden benötigt. (Daß im Falle Luxemburgs rechnerisch acht Erdplaneten benötigt würden, hängt fast ausschließlich mit dem seit Dezember 2013 unter einer Regierung mit Beteiligung von »Déi Gréng« unvermindert weitergeführten Tanktourismus zusammen.)

Die Größe des ökologischen Fußabdrucks eines reichen Wirtschaftssystems wie dem der USA ist ein Hinweis auf seine starke Abhängigkeit von einem auf Ungleichheit basierenden ökologischen Tausch, indem es dem Rest der Welt, insbesondere unterentwickelten Ländern, Ressourcen entzieht, um das Wachstum und die Macht der eigenen Konzerne zu steigern.

Wie Greenpeace Luxemburg gestern mitgeteilt hat, »drängt« die Umweltschutzorganisation deshalb auf ein »Wirtschaftssystem, in dem eine ausreichende Versorgung und nicht das Streben nach Profit im Vordergrund steht«. Es sei an der Zeit, so ihr Sprecher Frédéric Meys, »unser hauptsächlich auf Wachstum orientiertes Wirtschaftssystem zu überdenken und auf ein alternatives Modell umzusteigen, in dem das Wohlergehen aller wichtiger ist, als der Abbau natürlicher Ressourcen«.

Mit einer allgemeinen Aufforderung zur Mäßigung dürfte die Erde jedoch nicht zu retten sein. Dazu müßte nämlich nicht nur mit der Wachstumslogik, sondern mit der im Kapitalismus alles beherrschenden Logik der Kapitalakkumulation gebrochen werden. Was sowohl für das mittelfristige Überleben der Menschheit als auch für die Schaffung eines neuen Zustands der »Fülle« benötigt wird, ist das Erreichen eines kleineren ökologischen Fußabdrucks der globalen Ökonomie, gekoppelt mit einem System umfassender sozialer, technologischer und wirtschaftlicher Planung von, durch und für das Volk.

Erst dann würde der Mythos des absoluten Wachstums der Wirtschaft als Allheilmittel für alle gesellschaftlichen Übel aufgegeben. Das wäre der Übergang zu einer stabilen Wirtschaft, die auf einer nachhaltigen menschlichen Entwicklung und nicht auf der Akkumulation von Kapital beruht.