Probleme mit UNO-Blauhelmen
Kein Schutz vor Milizen: Proteste gegen UNO-Mission in DR Kongo nehmen zu. Regierung unter Druck wegen Massakers an Demonstranten
Wenige Tage vor Beginn der UNO-Generalversammlung hat die Regierung der Demokratischen Republik Kongo einmal mehr die »Aggression« des Nachbarlands Ruanda kritisiert. Es gebe »unwiderlegbare Beweise für kriminelle Aktivitäten der ruandischen Armee mit ihren »M 23«-Unterstützern«, erklärte Kommunikationsminister Patrick Muyaya am Donnerstag vergangener Woche bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Kinshasa.
Daß Ruanda die im Osten der DR Kongo aktive Rebellenmiliz »M 23« militärisch unterstützt, haben auch zwei UNO-Expertenkommissionen in der Vergangenheit aufgezeigt. Die Regierung in Kigali hat die Vorwürfe dennoch stets zurückgewiesen.
Um den Osten des Landes zu befrieden, unterhält die UNO seit 1999 die Mission MONUSCO, ihre längste und teuerste »Blauhelm«-Mission in dem Land. Wirklich näher gekommen ist sie ihrem Ziel allerdings nicht. Mitte vergangenen Jahres hatte die MONUSCO-Leiterin relativ offen eingestanden, den »M 23«-Truppen militärisch unterlegen zu sein. Der kongolesische Senatspräsident Modeste Bahati Lukwebo forderte die UNO-Truppe daraufhin auf, »ihre Koffer zu packen«. In mehreren Städten kam es zu Protesten gegen die UNO-Mission. Viele Kongolesen sind frustriert, weil die »Blauhelm«-Truppe ihnen nicht den ursprünglich erhofften Schutz vor Übergriffen durch Milizen gewährt.
Hinzu kommt, daß selbst bei den Protesten gegen die MONUSCO immer wieder Menschen getötet werden. Erst Ende August erschossen Soldaten der kongolesischen Armee in Goma 48 Demonstranten. 75 weitere wurden verletzt, 168 festgenommen. Die Zahlen gehen aus einem internen Militärdokument hervor, aus dem AFP zitierte. Demnach habe das Militär eine geplante Demonstration einer religiösen Vereinigung gegen die UNO-Mission stoppen wollen. Das Militär warf den Demonstranten vor, Gewalttaten geplant zu haben, konnte letztlich aber lediglich Stichwaffen präsentieren.
Die Soldaten waren zunächst in eine Radiostation der Demonstranten eingedrungen und hatten bereits dort den Moderator sowie fünf weitere Menschen erschossen. Anschließend feuerten sie in einer Kirche in eine Menschenmenge. Die kongolesische Regierung erklärte in der Folge, die verantwortlichen Militärs für die Taten vor Gericht stellen zu wollen.
Präsident Félix Tshisekedi steht im Osten des Landes vor einer ganzen Reihe von Problemen. So muß er vor den für Dezember dieses Jahres geplanten Wahlen die Wut in der Bevölkerung über das Versagen der MONUSCO und der eigenen Einsatzkräfte einfangen. Entsprechend fordern Regierungsangehörige auch immer offener ein Ende der UNO-Mission.
Zugleich erscheint es derzeit illusorisch, daß die kongolesische Staatsmacht mit den mehr als 100 unterschiedlichen Milizen, die die Bevölkerung im Osten des Landes terrorisieren, allein fertig werden könnte. Immer wieder greift Kinshasa daher auf Hilfe von außen zurück. Die ostafrikanische Staatengemeinschaft (EAC) hat bereits eine Militärmission entsandt. Die krankt aber unter anderem daran, daß Ruanda – wenn es auch keine Truppen entsendet – als Unterstützer einer der zu bekämpfenden Milizen als EAC-Mitglied mit in den Beratungen sitzt. Nun plant auch die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) die Entsendung einer Eingreiftruppe.
Weiter erschwert wird die Lage dadurch, daß die Regierung in Kinshasa auch die eigenen Streitkräfte offensichtlich nicht immer unter Kontrolle hat. Das Massaker von Ende August könnte dafür ein Beleg sein. Das liegt auch daran, daß über die Jahre immer wieder im Rahmen von Friedensinitiativen diverse Milizen in die reguläre Armee integriert wurden. »Ehemalige Rebellen verüben weiter dieselbe Art von Verbrechen, die sie vorher begangenen habe, nur jetzt in der Uniform der kongolesischen Streitkräfte«, wurde dazu am 6. September der Konfliktforscher Kambale Musavuli vom USA-Thinktank Center for Research on the Congo-Kinshasa zitiert.
Angefacht wird die Gewalt im Osten des Landes durch die Ausbeutung gigantischer Rohstoffvorkommen. Am Donnerstag vergangener Woche stellte Amnesty International gemeinsam mit der kongolesischen Initiative »Pour la Bonne Gouvernance et les Droits Humains« einen neuen Bericht vor, der darlegt, wie die Ausweitung des Kupfer- und Kobaltbergbaus zu Zwangsvertreibungen und Gewalt führen.