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Leitartikel08. Dezember 2022

Die EU und die nationale Souveränität

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Bei der Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der albanischen Hauptstadt Tirana erfreuten sich die Teilnehmer an Folklore-Darbietungen der Gastgeber. Im Fernsehen wurde gezeigt, wie sich Premierminister Bettel und sein niederländischer Kollege Rutte köstlich amüsierten bei den dargebotenen Volkstänzen. In den Medien war auch die Rede von den Bemühungen, die Länder des westlichen Balkan möglichst schnell und dauerhaft unter die Fuchtel der EU-Kommission zu bekommen. Albanien und seine Hauptstadt fühlten sich »geehrt«, Gastgeber der Konferenz zu sein, hieß es.

Weniger Beachtung in der Berichterstattung fand die offene und simple Erpressung, die von der konservativen deutschen Chefin der EU-Kommission auf der Tagung unverblümt ausgesprochen wurde. Die sechs Staaten der Region hätten sich gefälligst der sogenannten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU zu fügen, sagte Frau von der Leyen. Dazu gehöre selbstverständlich auch die bedingungslose Zustimmung zur antirussischen Politik und die Teilnahme am Wirtschaftskrieg gegen Rußland. Immerhin sei die EU der größte »Investor« in der Region, fügte sie hinzu. Übersetzt heißt das: Wir stecken hier Geld rein, und wer bezahlt, bestimmt auch die Musik.

Selten wurde so klar und öffentlich ausgesprochen, daß Staaten, die Mitglied der EU sind oder es werden sollen, auch ihre Souveränität in der Rumpelkammer der Geschichte abzugeben haben. Das betrifft neben der nicht ganz unwichtigen Frage der Entscheidungen über den nationalen Haushalt – Budgetpläne müssen vor der Behandlung im nationalen Parlament der EU-Kommission zur Bestätigung vorgelegt werden – vor allem auch die Außenpolitik.

Allerdings läuft das alles längst nicht mehr so reibungslos, wie sich das gewisse Herrschaften vorstellen. Besonders deutlich wurde das beim Westbalkan-Gipfel, wo Serbien öffentlich von der EU-Chefin gerüffelt wurde, weil die Regierung des Landes nicht so richtig bei den Sanktionen gegen Rußland mitmachen will. Das ist kein Wunder, denn immerhin gibt es da noch den ungelösten Konflikt um das Kosovo, und in Serbien hat man auch die direkte Teilnahme etlicher EU-Staaten am Angriffskrieg der NATO im Jahr 1999 noch nicht vergessen – und auch nicht, daß Rußland damals tatkräftig an einer friedlichen Lösung für den Konflikt gearbeitet hat.

Zudem laufen, zum großen Teil wenig in den Medien erwähnt, etliche weitere Konflikte. Da wäre zunächst der unerklärte Wirtschaftskrieg zwischen den USA und der EU, bei dem es um eine Menge Geld geht, und aus dem selbst etliche Konzerne aus EU-Staaten, die in den USA stark vertreten sind, ihre Profite auf Kosten der Beschäftigten in den eigenen Ländern maßlos aufblähen. Innerhalb der EU tobt ein gnadenloser Kampf um die Vorherrschaft, bei dem sowohl Deutschland als auch Frankreich immer öfter die militärische Karte ziehen.

Der deutsche Kanzler hat gerade erst den deutschen Anspruch auf die Führerschaft bekräftigt und weitere Militärprogramme angekündigt. Parallel dazu bemüht sich die deutsche Regierung auch um eine stärkere Rolle in der NATO, zum Beispiel beim militärischen Aufmarsch an den Grenzen Rußlands.

Hier in Luxemburg sollten wir nicht vergessen, daß bei der NATO-Truppe in Litauen auch luxemburgische Soldaten unter dem Kommando deutscher Offiziere dienen, auf einem Territorium, auf dem die Großväter dieser Offiziere schon einmal einen Krieg verloren haben. Es ist höchste Zeit, über nationale Souveränität nachzudenken!