Ausland16. Mai 2024

Keine Friedenspartei

Die AfD steht an der Seite der Rüstungsindustrie und des Militärs. IMI-Studie zeigt, was hinter den falschen Friedensparolen steckt

von Alexander Kleiss und Merle Weber

Im EU-Wahlkampf setzt die deutsche Rechtspartei Alternative für Deutschland (AfD) auf weiße Tauben und wirbt um friedensbewegte Wählerinnen und Wähler. In Wahrheit trägt sie den Aufrüstungskurs der Bundesregierung mit. Die von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebene Studie »Warum die AfD keine Friedenspartei ist« dokumentiert das Verhalten der Partei in Fragen von Krieg und Frieden. Die Autoren gehen zudem der Frage nach, warum eine reaktionäre Partei die Friedensfahne schwenkt. Wir dokumentieren an dieser Stelle das Kapitel zur Aufrüstungspolitik.

In ihrem Grundsatzprogramm von 2016 fordert die AfD unter dem Punkt »Bundeswehr stärken« eine Aufrüstung der Bundeswehr, da diese angeblich »nur noch bedingt einsatzbereit« sei. Die Bundeswehr sei »über nahezu drei Dekaden hinweg vernachlässigt« worden. Eine Aufrüstung der Bundeswehr sei »Voraussetzung dafür, daß NATO, EU und internationale Staatengemeinschaft Deutschland als gleichberechtigten Partner wahrnehmen«.

Auch in ihrem Programm für die EU-Wahl 2024 schreibt die AfD, sie verfolge das Ziel einer »umfassend befähigten Bundeswehr als Eckpfeiler deutscher Souveränität«. Durch starke eigene Streitkräfte sei es mittelfristig möglich, »ohne amerikanische Streitkräfte auf deutschem Boden« auszukommen. Aktuell sei die Bundeswehr aber »zahlenmäßig« und »ausrüstungstechnisch« nicht zur Verteidigung des Bundesgebietes in der Lage, weshalb »unverzüglich« gehandelt werden müsse. Ein klares Plädoyer für mehr Aufrüstung – sowohl finanziell als auch personell.

Diese Politik der Aufrüstung setzt die AfD auch im Bundestag um. So stimmte sie in der Vergangenheit den meisten Aufrüstungsprojekten im Verteidigungsausschuß des Bundestags zu.

Das bedeutendste Aufrüstungspaket der jüngsten Vergangenheit war das »Sondervermögen« in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, das am 3. Juni 2022 im Bundestag beschlossen wurde. Hier war die AfD-Fraktion gespalten. Bei der Abstimmung über das Aufrüstungspaket stimmten bei sechs Enthaltungen 33 AfD-Abgeordnete mit Ja, 35 mit Nein.

Die AfD stellte es ihren Abgeordneten frei, wie sie zum 100-Milliarden-Sondervermögen abstimmen, da der Beschluß überhastet und dadurch schwer zu überprüfen gewesen sei, so der Abgeordnete Bernd Baumann in seiner Rede anläßlich der anstehenden Abstimmung. Die Kritik der AfD-Fraktion bezieht sich jedoch nicht auf die Aufrüstung an sich, sondern vielmehr darauf, daß 100 Milliarden Euro zu wenig seien oder daß das Aufrüstungspaket über Schulden und nicht aus dem regulären Haushalt finanziert werden sollte.

So beklagte auch der AfD-Abgeordnete Michael Espendiller, die Bundeswehr sei »kaputt gespart« worden. Alle Parteien außer der AfD seien schuld daran, daß »die Bundeswehr so heruntergewirtschaftet wurde«. Die üppige Finanzspritze für die Bundeswehr begrüße er, aber diese müsse ohne neue Schulden erreicht werden.

Der AfD-Abgeordnete Gerold Otten sagte in seiner Rede: »Eine solide Finanzierung der Bundeswehr sowie die Erreichung des 2-Prozent-Ziels waren von Anfang an zentrale Forderungen der Alternative für Deutschland.« Andere Parteien hätten sich in den letzten Jahren im Gegensatz zur AfD gegen Rüstungsprojekte gestellt.

Zum »Sondervermögen« sagte er: »Mehr Geld für die Bundeswehr ist dringend nötig, keine Frage! (…) 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind also dringend notwendig. Wenn Sie aber den Wiederaufbau unserer Streitkräfte ernsthaft wollen, braucht die Bundeswehr deutlich mehr Geld und das über einen längeren Zeitraum. Es erfordert künftig einen stetigen und berechenbaren Aufwuchs des Verteidigungsetats.«

In einer zweiten Rede zum Thema begründete er die ambivalente Haltung der AfD-Fraktion zum Sondervermögen außerdem wie folgt: »Die Bereitstellung hätte aber auch ohne Grundgesetzänderung zur Schuldenfinanzierung und zur Umgehung der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse erreicht werden können.« Er hätte es bevorzugt, wenn die Aufrüstung der Bundeswehr durch einen dauerhaften Sparkurs in anderen Bereichen erreicht worden wäre, statt über die Aufnahme von Schulden. 100 Milliarden Euro seien außerdem zu wenig.

Alle Rednerinnen und Redner der AfD begrüßten das Aufrüstungspaket somit grundsätzlich, teilweise ging es ihnen jedoch nicht weit genug oder sie kritisierten die Finanzierung durch neue Schulden. Die aktuelle Aufrüstungspolitik der Ampel-Regierung trägt die AfD also trotz ihres ambivalenten Verhältnisses zum Sondervermögen grundsätzlich mit – sie setzt sich sogar für mehr Aufrüstung ein.