Luxemburg06. September 2024

Augen auf bei der Altkleiderspende

Eine Sache des Verstandes

von KP

Seit 1974 sammelt die Asbl »Kolping Lëtzebuerg« jeweils im Monat September gebrauchte Kleider und Schuhe – mit recht großem Erfolg. Seit 1991 hat die Asbl Container aufgestellt, was aufgrund einigen Missbrauchs nicht zu einer »success story« wurde, weil es Menschen gibt, die ihren Elektroschrott und sogar den Hausmüll in diesen Containern entsorgen. Laut der Asbl kommen so in etwa 20 Tonnen Abfall zusammen, die gegen Bezahlung entsorgt werden müssen.

Auf der positiven Seite ist zu vernehmen, dass die Straßensammlung 2023 insgesamt 227 Tonnen Altkleider eingebracht hat. Die »Aktioun aalt Gezei« hat auch den Vorteil, an bessere respektive qualitativ hochwertigere Textilien und Schuhe zu gelangen.

In diesem Kontext muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hier in erster Linie um Ressourcen im wirtschaftlichen Sinne handelt, also diese Kleidung eher nicht in den Kleiderkammern der »Stëmm vun der Strooss« oder anderen Vereinigungen landen, die Obdachlosen oder Menschen in Armut helfen. Das allermeiste geht ins Ausland, vorzugsweise nach Deutschland und in die Niederlande, wo sich die »Boer Group« um die weitere Verwendung kümmert.

Kein Müllexport oder?

Den Vorwurf, Müll zu exportieren, kann Kolping Lëtzebuerg entkräften. Und in der Tat, bis zu 95 Prozent dieser Ressourcen landen in den Sortierwerken der Boer Group. Warum nicht in Luxemburg »sortiert« wird, hat wirtschaftliche Gründe, was auch einen Zusammenhang mit prekärer Beschäftigung eben der Menschen aufzeigt, für die diese Kleider eigentlich bestimmt sein sollten.

Bedenkt man, dass etwa drei Viertel dieser Altkleider eine Weiterverwendung als »Second hand«-Ware haben, sollte der wirtschaftliche Aspekt nicht unbeachtet bleiben. Aus dem Rest werden Putzlappen und Dämmmaterial hergestellt; was auch dazu nicht taugt, wird in Müllverbrennungsanlagen entsorgt.

Luxemburg ist kein Eiland, das heißt, auch in anderen Ländern sind die Boer Group und andere Unternehmen an dieser »Ressource« interessiert. In Deutschland kommen so jährlich rund tausend Tonnen Material zusammen. Der aktuelle »fast fashion«-Fetisch spielt, bezogen auf die Verfügbarkeit von neuwertigen Altkleidern, eine wichtige Rolle. Die Einfältigkeit vieler Zeitgenossen leider auch…

Alles entscheidend: Der Weltmarkt

Weil die Kleidung in unseren Tagen meist nur kurz getragen wird, weil es ja enorm wichtig zu sein scheint, seinen sozialen Status auch vestimentär zur Schau zu tragen, ist das Aufkommen an Altkleidung eine nahezu unerschöpfliche Quelle. Allerdings auch mit einer wirtschaftlichen Schattenseite, denn der Preis auf dem Weltmarkt richtet sich, so sind die Regeln des Kapitalismus, nach Angebot und Nachfrage.

Nun sollte noch darauf hingewiesen werden, dass diverse NROs – bis vor wenigen Jahren über den Umweg zwielichtiger Organisationen – einen Großteil dieser Ware in zweiter Hand nach Afrika exportierten.

Man wollte »Gutes tun« und tat das genaue Gegenteil. Die lokalen Näherinnen konnten ihre Produkte, die auch ein Teil des Kulturgutes afrikanischer Länder sind, nicht mehr zu vernünftigen Konditionen vermarkten und mussten somit ihre beruflichen wie auch wirtschaftlichen Perspektiven überdenken. Das ist leider immer noch so, wenn auch in geringerem Ausmaß.

Viele der Länder, die dem kolonialen Korsett entfliehen konnten, erfreuen sich zudem statt der abgetragen Kleidung aus Europa heutzutage lieber an der Neuware aus Asien.

Einen Alternativmarkt fand man vor Jahren in den südlichen und östlichen Gebieten der EU. Kleidung, die diese Richtung einschlägt, kann nur als Spende bei den Menschen ankommen, denn auch »billig« ist hier zuweilen zu teuer.

Der einzig richtige Weg

Es mag angehen, dass Kolping Lëtzebuerg den erzielten Gewinn großzügig verteilt. Den Eindruck der christlichen Nächstenliebe zu bewahren ist dennoch die Geschäftsgrundlage. Es muss leider festgestellt werden, und das kann man nicht oft genug wiederholen, dass die gespendeten Kleidungsstücke der »Aktioun aalt Gezei« nicht kostenlos an Bedürftige ausgegeben, sondern in Geld umgewandelt werden.

Schon aus diesem Grunde muss appelliert werden, Kleidung an möglichst lokale Initiativen abzugeben, wie eben die Stëmm vun der Strooss, die »Facilitec« in Esch oder die Street Angels. Nicht einmal die Caritas kommt als würdige Empfängerin in Frage, da diese Organisation viele dieser Textilien in den »Cent Buttéker« auch nur gegen Euros eintauscht.

Als Alternative zu den lokalen Initiativen kann überschüssige Kleidung auch persönlich weitergegeben werden. Soziale Netzwerke oder digitale Kleinanzeigen sind eine weitere Möglichkeit, Bedürftigen aus der direkten Nachbarschaft diese Kleidung anzubieten. Als Fazit sollte festgehalten werden, dass es mit der Umsetzung guter Absichten ist wie mit dem Reden oder Posten in sozialen Netzwerken: Erst denken, dann handeln.

Die in 56 Ländern aktive NRO hat ihren Ursprung in Köln und entspringt dem katholischen Gesellenverein, in dem Adolph Kolping 1847 zweiter Vorsitzender war. Dessen Lebensziel war die Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten, allerdings hatte der Kirchenmann auch streng konservative Ansichten, dies besonders in den Bereichen Religion, Familie und Beruf. Der Namensgeber der NRO verstarb Ende 1865 und wurde 1991 vom Papst seliggesprochen.