Leitartikel23. August 2024

Wenn Falschmeldungen zu Meldungen werden

von Uli Brockmeyer

Seit Monaten werden wir in den Medien, die dafür da sind, die »öffentliche Meinung« zu bestimmen, mit Falschmeldungen über die Ereignisse im Nahen Osten überschüttet. Der brutale Angriffskrieg, den der Staat Israel gegen die Menschen in Gaza vom Zaun gebrochen hat, wird uns immer wieder als eine »Militäraktion« verkauft. Nachrichtenagenturen werden nicht müde, in ihren Meldungen einen Textbaustein einzufügen, in dem es heißt, »Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen verübt hatten.« So oder so ähnlich lautet das Narrativ, das seit mehr als zehn Monaten wie ein Mantra auf uns herabrieselt.

Aber auch bei täglicher Wiederholung wird eine solche Behauptung nicht zur Wahrheit. Uns soll weisgemacht werden, daß ein friedliebendes und demokratisches Israel ohne jeden Grund überfallen wurde, und die angeblich völlig ahnungslosen Geheimdienste und die Armee sich schweren Herzens entschlossen haben, im Gebiet des Gazastreifens nach Tätern und Entführten zu suchen. Daß es bei der dann folgenden »Militäraktion« bisher laut offizieller Zählung mehr als 40.000 Tote gab, wird damit erklärt, daß sich der Gegner hinter unschuldigen Zivilisten versteckt, vor allem hinter Frauen und Kindern.

Auch am gestrigen Donnerstag eröffnete die Deutsche Presseagentur ihre Berichte über Gaza mit der Überschrift »Tote bei Kämpfen im Gazastreifen«. In Wirklichkeit gibt es seit Oktober vor allem Angriffe der israelischen Armee, mit Flugzeugen, Drohnen, Artillerie, Panzern. Diese Zerstörungswaffen gibt es nicht auf der palästinensischen Seite, dort zeigen die Bilder nichts als Ruinen, Tote, Trauernde, Verzweifelte, Flüchtende, Hungernde.

Dieser Krieg war von der politischen und militärischen Führung Israels geradezu herausgefordert worden. Er dient dem Ziel, ein »Groß-Israel« zu schaffen, »from the river to the sea«, und dazu ist Herrn Netanjahu und seinen rechtsextremen Kumpanen jedes Mittel recht.

Aus diesem Grund – und um zu verhindern, daß es jemals einen Staat Palästina gibt – werden auch die Siedlungen im besetzten Westjordanland immer weiter ausgebaut, werden die im Krieg von 1967 besetzten Gebiete nicht geräumt, wie es eigentlich etliche Resolutionen der UNO fordern. Aus diesem Grund legt man sich immer wieder mit den Nachbarn an. Mit gezielten Tötungen im Libanon und im Iran werden immer neue Versuche unternommen, die Hisbollah im Libanon und den Iran zu größeren Angriffen zu provozieren, um sich anschließend erneut als das unschuldige Opfer darstellen zu können.

Und Nein und nochmals Nein. Kritik an dieser Politik des Staates Israel hat nichts mit Antisemitismus zu tun, ein Begriff, der leider immer wieder als Keule aus der Mottenkiste geholt wird, um jeden Kritiker mundtot zu machen. Und auch der Völkermord der deutschen Faschisten an den Juden darf nicht immer wieder als Argument dafür benutzt werden, den Völkermord Israels an den Palästinensern zu rechtfertigen und die Forderung nach Anerkennung Palästinas als Staat zurückzuweisen.

Um sich ein Bild über die wahren Vorgänge zu machen, ist es wichtig, Falschmeldungen nicht als Meldungen zu verstehen. Darum bemüht sich diese Zeitung Tag für Tag – leider als einzige Zeitung in diesem Land.