Leitartikel19. Juni 2024

Spendierhosen aus, Energiepreisdeckel weg

von Ali Ruckert

Das der CSV nahestehende »Luxemburger Wort« schrieb vergangene Woche, die Regierung behalte die Spendierhosen an, nachdem Premierminister Frieden zuvor eine Bereinigung der Steuertabelle um weitere 2,5 Indextranchen angekündigt und insbesondere für Alleinerziehende und Haushalte mit niedrigem Einkommen für 2025 Sozial- und Steuermaßnahmen in Aussicht gestellt hatte.

Allerdings ist abzusehen, dass die Regierung die Spendierhosen, die zu »mehr Netto vom Brutto« beitragen sollen, demnächst ausziehen wird, so dass sie nackt dastehen wird, wenn mit dem Ende der Energiebeihilfen ein brutales Loch in die Einkommen der Haushalte gerissen wird.

Die Regierung hat nämlich beschlossen, dass die meisten Energiepreisdeckel mit dem Beginn des Jahres 2025 wegfallen sollen.

Seit dem 1. Mai 2022 übernimmt der Staat bekanntlich die Gebühren für die Nutzung des Erdgasnetzes, seit dem 1. Oktober 2022 ist der Gaspreis gedeckelt, und seit dem 1. Januar 2023 ist eine Deckelung der Strompreise in Kraft. Andernfalls die massiven Preiserhöhungen für Gas und Strom möglicherweise im Vorfeld der Kommunal- und Chamberwahlen zu einer regelrechten Explosion der Unzufriedenheit geführt hätten.

Anders als die Regierung und die parlamentarische Opposition das behaupten, und es in den Fakenews der Systempresse bis heute nachgeplappert wird, gehen die ersten massiven Preiserhöhungen für Gas und Strom nicht auf »die russische Invasion der Ukraine« zurück, sondern auf den Winter 2020/2021, die erfolgreichen Bestrebungen der USA, die Inbetriebnahme der Erdgaspipeline Nordstream 2 zu verhindern und die nachfolgenden Beschlüsse der EU, keine Energie mehr in Russland zu kaufen, dafür aber teures und umweltschädliches Fracking-Gas aus den USA.

Wenn die Regierung nun behauptet, die Energiepreisdeckel könnten wegfallen, weil »die Energiepreise sinken«, dann ist das, gelinde ausgedrückt, eine Irreführung der Öffentlichkeit. Bekanntlich kauft Enovos, das größte Energieversorgungsunternehmen hierzulande, Gas und Strom zu festen Preisen mehrere Jahre im Voraus ein, so dass ein kurzfristiger Preisrückgang keine Auswirkungen auf die Energierechnung der Schaffenden und Rentner hat.

Tatsache ist, dass die Haushalte kräftig zur Kasse gebeten werden, wenn ab dem 1. Januar 2025 der Preisdeckel für Gas ganz wegfallen wird, die Gebühren für die Nutzung des Erdgasnetzes wieder von den Haushalten getragen werden müssen, und die Regierung die Preissteigerungen beim Strom nur noch zur Hälfte tragen wird.

Da die Prognosen des Statec gegenwärtig von einer Erhöhung des Gaspreises von 17 Prozent im Jahr 2025 und einer solchen von 60 Prozent des Strompreises ausgehen, ist mit einer regelrechten Kostenflut für die Haushalte zu rechnen. Die Zusatzkosten dürften pro Haushalt zwischen 600 und 1.000 Euro betragen. Infolge des Wegfalls der meisten Energiepreisdeckel wälzt die Regierung zusammengenommen bis zu 150 Millionen Euro auf die Haushalte und deren Kaufkraft ab.

»Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt«, meinte seinerzeit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem Interview.

Die Regierung unter CSV-Premier Frieden scheint sich das zur Devise gemacht haben. Womit die Schaffenden und Rentner wissen sollten, dass sie demnächst kräftig zur Kasse gegeben werden, wenn sie jetzt nicht anfangen, laut zu schreien.