Ausland12. Juli 2024

»Unsere Pflicht, uns gegen Atomwaffen zu stellen«

Brief der inhaftierten Friedenskämpferinnen Susan Crane und Susan van der Hijden

von Susan Crane/Susan van der Heijden

Susan Crane und Susan van der Hijden sitzen im Gefängnis, weil sie 2019 auf dem Gelände des Fliegerhorstes Büchel in Rheinland-Pfalz gegen Atomwaffen protestierten. Sie wenden sich mit einem Brief aus der Justizvollzugsanstalt Rohrbach an ihre Unterstützerinnen und Unterstützer:

Hier in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach werden wir geweckt von dem Gurren der Tauben und dem Gesang anderer Vögel, was uns die Illusion vermittelt, daß alles in Ordnung ist auf der Welt, bis andere Geräusche, klappernde Schlüssel, geschlossene Türen und Wärter, die die morgendliche Leibesvisitation durchführen, uns in die Realität zurückholen.

Wir sitzen in einer Gefängniszelle, 123 Kilometer vom Luftwaffenstützpunkt Büchel entfernt, wo circa 20 US-amerikanische Atombomben stationiert sind. Derzeit wird die Landebahn in Büchel umgebaut, um Platz für die neuen F-35-Kampfflugzeuge zu schaffen, die die neuen B61-12-Atombomben tragen werden, die in den USA entwickelt und gebaut wurden.

Die Planung, Vorbereitung, der Besitz, der Einsatz, die Androhung des Einsatzes oder der Gebrauch dieser B61-Bomben ist illegal und kriminell. Die USA, Deutschland und die NATO wissen, daß jede Atombombe vom Typ B61 unnötiges Leid und viele Opfer unter Soldaten und Zivilisten verursachen und massenhaft Krebs, Keloide und Leukämie auslösen, bei Ungeborenen zu angeborenen Mißbildungen führen und die Nahrungsmittelversorgung vergiften würde.

»Wir haben kein Recht zu gehorchen«, sagt Hannah Arendt.

Obwohl unsere Aktionen sinnlos erscheinen mögen, verstehen wir, daß es unser Recht, unsere Pflicht und unsere Verantwortung ist, uns gegen die Planung und Vorbereitung des Einsatzes dieser Waffen zu stellen. Sie sind illegal gemäß dem Atomwaffensperrvertrag, den sowohl Deutschland als auch die USA unterzeichnet und ratifiziert haben, sowie gemäß der Haager Konvention, der Genfer Konvention und der Nürnberger Charta.

Während der Internationalen Friedenscamps in Büchel (organisiert von der GAAA, die unter anderem aus IPPNW, ICAN und DFG-VK besteht) gingen wir zusammen mit anderen Kriegsgegnern und mit der Hilfe vieler Unterstützer auf den Luftwaffenstützpunkt Büchel, um mit dem Militärpersonal über die Illegalität und Unmoral der Atombomben zu sprechen.

Die Richter, die uns für diese Aktionen verurteilten, trafen die Entscheidung, einige Gesetze zu befolgen und andere zu ignorieren. Es ist gesunder Menschenverstand und wir alle wissen, daß sogar das Gesetz gegen Hausfriedensbruch gebrochen werden kann, wenn das Leben gefährdet ist.

Die Richter und Staatsanwälte sowie die Wärter im Gefängnis behandeln uns respektvoll und höflich, halten sich aber gleichzeitig an Gesetze und Regeln, die ungerecht sind und Leid verursachen. Das größte Verbrechen in ihren Augen ist es, »die Ordnung« zu stören, auch wenn diese Ordnung darauf angelegt ist, kriminell zu sein.

Wir wachen jeden Tag mit der festen Freude auf, unsere »Mahnwache hinter Gittern« fortzusetzen. Eine Freude, die durch das Wissen eingeschränkt wird, daß die anderen Frauen hier leiden, weil sie von ihrer Familie und Kindern getrennt sind, ständige körperliche oder psychische Probleme haben oder weil sie den ganzen Tag in einer Zelle eingesperrt sind und nichts tun können.

Wir können nur »Mahnwache hinter Gittern« halten, weil uns Menschen so viel Unterstützung geben, daß unsere CW-Häuser weitergeführt werden können, weil sie uns Karten und Briefmarken schicken, Besuche und Geld für Telefongespräche organisieren, in ihren Gebeten an uns denken, Pressearbeit leisten und weil sie weiterhin gegen die todbringenden Kriegstreiber dieser Welt kämpfen.

Wir wünschen euch allen Segen!

Susan Crane und Susan van der Hijden

Susan und Susan freuen sich über Soli-Post:

Susan Crane/Susan van der Heijden

JVA Rohrbach

Peter-Casesar-Allee 1

D-55597 Wöllstein