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Ausland15. Juni 2024

Meloni nimmt Kurs auf Polizeistaat

Italien: Verschärfte Strafgesetze sollen Widerstand brechen. Gewerkschaft hält mit Kampagne dagegen

von Gerhard Feldbauer

Dem wachsenden Widerstand gegen ihren sozialfeindlichen Regierungskurs will Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit verschärften Strafgesetzen vorbeugen. Dazu liegt dem Parlament seit Januar der Entwurf eines Bündels neuer repressiver »Bestimmungen zur öffentlichen Sicherheit, zum Schutz des Dienstpersonals und der Opfer von Wucher sowie zur Strafvollzugsordnung« vor, über den dieser Tage abgestimmt werden soll. Die neuen Verordnungen sehen unter anderem bei der Besetzung von Gebäuden, Blockaden von Eisenbahnen und selbst unbefestigter Straßen, bei Verunstaltung von Gebäuden beispielsweise durch Graffiti, also Vergehen, die bisher mit Verwaltungssanktionen geahndet werden, jetzt langjährige Gefängnisstrafen vor.

Auch Proteste in Gefängnissen oder in Aufnahmezentren für Flüchtlinge sollen gezielt bekämpft werden, dazu sollen der Polizei schon bei geringen Konflikten Festnahmen erlaubt sein. Selbst die Ankündigung solcher Proteste soll bereits unter Strafe gestellt werden. Der Gesetzentwurf sieht ferner erhebliche Straferhöhungen vor, wenn solche Delikte, die er als »Verbrechen« bezeichnet, in Gruppen begangen werden.

Das kommunistische Magazin »Contropiano« kommentierte am Mittwoch auf seinem Onlineportal, das sei »ein sehr gefährlicher Entwurf«, der auf einen »Polizeistaat« hinauslaufe. Zumal Meloni seit ihrem Regierungsantritt im Oktober 2022 bereits die öffentlichen Institutionen – von der staatlichen Nachrichtenagentur ANSA über die Radiotelevisione Italiana (RAI) bis in die öffentlichen Dienste – von »linken Elementen« gesäubert hat, wovon selbst Intendanten von Opernhäusern nicht ausgenommen wurden, und zuletzt ein Gesetz zur Knebelung der Zeitungsjournalisten erlassen wurde.

Die Gewerkschaft Unione sindacale di Base (USB) stellte klar, daß die Definition neuer Straftaten und die Verhängung höherer Strafen dagegen »auf die Bekämpfung sozialer Konflikte abzielt und eine abschreckende Funktion gegenüber denjenigen haben soll, die Protestdemonstrationen starten wollen«. Damit wolle die Regierung den Widerstand gegen ihren auf den Abbau von Arbeiter- und Gewerkschaftsrechten gerichteten Kurs verhindern und die Proteste der neuen ökologischen Bewegungen und derjenigen unterdrücken, die gegen gesundheits- und umweltschädliche Großprojekte kämpfen.

Einen Vorgeschmack auf kommende Proteste hatten am 1. Juni die landesweiten Demonstrationen Zehntausender gegeben, die ein breites Bündnis von 69 politischen und gewerkschaftlichen Bewegungen, Linken und Pazifisten organisiert hatte. Erstmals wurden direkt und explizit der sozialfeindliche Kriegskurs der Meloni-Regierung und deren im Mussolini-Faschismus verwurzelter Charakter angeprangert, und es wurde herausgestellt, daß sie die antifaschistische Verfassung beseitigen und einen autoritären Präsidentialismus einrichten will.

Auch hat die CGIL, die mit rund 5,6 Millionen Mitgliedern stärkste Gewerkschaft im Land, eine Kampagne initiiert, um in vier Referenden die soziale und rechtliche Lage der Schaffenden zu verbessern: zum Schutz vor unrechtmäßigen Kündigungen, zur Überwindung von Prekarität, zur Sicherheit bei Vertragsarbeit und zur Vorbeugung von Unfällen am Arbeitsplatz. Wie die CGIL-Plattform Collettiva gerade berichtete, haben bisher 582.244 Personen die entsprechenden Anträge unterstützt. Erforderlich sind 500.000 Unterschriften.