EU-Chefin will »Lehren ziehen«
So ist es auch alles andere als überraschend, wenn auch die Chefin der EU-Kommission in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur ihre umfassende Unfähigkeit preisgibt, aus dem Geschehenen auch nur eine einzige brauchbrache Schlußfolgerung zu ziehen. Frau von der Leyen bezeichnet die in dieser Woche entstandene Situation als »eine Tragödie für die Menschen in Afghanistan« und einen »schweren Rückschlag für die internationale Gemeinschaft«. Zu letzterer gehören aus ihrer Sicht offenbar die Staaten, die sich am Krieg in Afghanistan aktiv beteiligt haben.
Die frühere deutsche Kriegsministerin, die selbst einen großen Teil der Schuld an der Tragödie trägt, ist nicht in der Lage zu erkennen, daß diese Tragödie nicht am vergangenen Sonntag begann, sondern am 7. Oktober 2001, jenem Tag, als die USA mit Unterstützung ihrer Verbündeten in Afghanistan eingefallen sind.
Im Interview macht die Kommissionschefin deutlich, daß sie nicht nur weiterhin an den Krieg als Mittel zur Lösung der Probleme des Kapitalismus denkt, sondern die militärischen Kapazitäten noch weiter ausbauen will. »Die Grundlage der militärischen Verteidigung ist und bleibt die NATO«, sagt Frau von der Leyen, ohne uns jedoch bekannt zu geben, gegen wen sich diese »Verteidigung« richten soll. Zudem fordert sie erneut die militärische Aufrüstung der EU. Es sei richtig, »daß die EU und ihre Mitgliedstaaten über Mittel verfügen müssen, um die Herausforderungen der heutigen Welt zu meistern«.
Zudem tritt sie ein für einen »Pakt für Migration und Asyl«, für »Neuansiedlungsquoten« und »gesicherte, legale Migrationswege«. Daß die bisherige Flüchtlingsabwehr-Politik der EU krachend versagt hat, wird zwar mit Blick auf Italien und Griechenland deutlich sichtbar, jedoch nicht für Frau von der Leyen. Sie will verhindern, »daß die Menschen in die Hände von Schmugglern und Menschenhändlern fallen«. Vielleicht sollte ihr mal jemand sagen, daß Schmuggler und Menschenhändler keine Fluchtursachen sind…
Mit den Taliban will sich die mutige Ursula, die sich erst vor einigen Wochen, am 7. April 2021, vom radikal-islamischen Präsidenten der Türkei hatte öffentlich demütigen lassen, auf keinen Fall an einen Tisch setzen. »Operative Kontakte« seien denkbar, aber das sei nicht zu vereinbaren mit einem politischen Dialog. Eine noch deutlichere Absage an die Diplomatie zugunsten militärischer und wirtschaftlicher Drohpolitik ist wohl kaum denkbar.
Denn selbstverständlich müssen Entwicklungshilfen »an ganz strenge Kriterien geknüpft« sein, wie »die Einhaltung von Menschenrechten, die gute Behandlung von Minderheiten, die Wahrung der Rechte von Frauen und Mädchen…« Auf diesem Gebiet stehen ja die EU-Staaten als glänzende Vorbilder im Rampenlicht.
Es ist peinlich, Mitglied dieser Europäischen Union unter dieser Präsidentin zu sein!