Luxemburg19. Juni 2024

Subventionen zur Dekarbonisierung:

Rettet das die Industrie?

Lex Delles, DP-Minister für Wirtschaft, Klein- und Mittelbetriebe, Energie und Tourismus hat gestern der Presse das auf dem Instanzenweg befindliche neue Subventionsgesetz für Betriebe vorgestellt, mit dem die bisher gültigen Subventionen zur Dekarbonisierung ergänzt beziehungsweise abgeändert werden. Für 2024 bis einschließlich 2028 sind 412,4 Millionen eingeplant, 60 Millionen mehr als mit der Fortführung des Bestehenden. Neu im Katalog ist Wasserstoff, CO2-Abscheidung und Speicherung für die weitere Verwendung, Null-Emis­sions- LKW, Photovoltaik und Windlagen, wobei die EU Luxemburg 50 Millionen für den Photovoltaik-Ausbau bei Privathaushalten wie bei Betrieben gibt.

Lex Delles sieht sich vor großen Herausforderungen bei der Dekarbonisierung, um bis 2050 das vorgeschriebene Ziel zu erreichen, CO2-neutral zu sein. Auf dem Weg sollen die Betriebe mit Subventionen begleitet werden, denn: »Wir stehen zur Industrie in Europa.« Bloß ist die Industrie in seinem Europa, das nur aus der EU besteht, zwischen Hammer und Amboß geraten.

Den Hammer stellen die Förderungen der USA dar, wenn Produktionskapazitäten nach dort verlagert werden, während der Amboß von Asien gestellt wird, »wo wir bei den Energiepreisen nicht kompetitiv sind«. Wo kommt denn das her, sind doch die Energiepreise in Asien heute dieselben wie Anfang 2022? Da kommen dann die antirussische Sanktionen der EU ins Spiel, die hier zu Energiepreissprüngen führten.

Obendrein gibt Delles zu, daß Investitionen in CO2-Neu­tralität zur Verteuerung der Produktion führen, also zu noch geringerer Wettbewerbs­fähigkeit gegenüber Asien. Aber das spricht er nicht aus. Auch der schöne Spruch ist nicht wirklich hilfreich: »Wer Emergie spart, verbilligt die Produktion.« Denn das macht den zu teuren Energiepreis nicht billiger.

Wir haben keinen Zweifel daran, daß ein Energiesystem aus Wasser- und Windkraft, Photovoltaik und Wasserstoff funktionieren kann. In einer Konkurrenzsituation aber spielen Preise eine Rolle, aber auch die Verfügbarkeit von Energie im neuen System. Die ist zur Zeit einfach nicht gegeben, weil die dafür nötige Infrastruktur fehlt.

Die verdammte Preisfrage

Es ist zwar lustig, wenn in Luxemburg jetzt eine 6 MW-Elektrolyse gebaut werden soll, um 650 Tonnen Wasserstoff im Jahr herzustellen aus »grünem« Strom, damit der Wasserstoff danach auch »grün« ist. Aktuell verbraucht die Industrie hierzulande 450 t Wasserstoff im Jahr, der aus Gasreformation stammt, was zur Zeit die billigste Quelle ist. Wir wollten folglich von Lex Delles wissen, welcher Produktionspreis fürs Kilo Wasserstoff angepeilt ist, wissend, daß es auf diesen einen Aufschlag für den Verkauf geben muß, weil er je transportiert wird und gegebenenfalls auch Kosten an der Tanke anfallen. Die 13 Euro pro kg an der immer noch nicht richtig funktionierenden Tankstelle im Multimodalzentrum in Bettemburg sind jedenfalls viel zu teuer, um konkurrenzfähig zu sein.

Wer glaubt, der Minister habe uns einen Preis genannt, ist auf dem Holzweg. Er lieferte ein schönes Drumherum­gerede von wegen das hänge vom Einkaufspreis des Stroms ab, zum Beispiel ob das Überschußstrom sein werde, wenn wir besonders viel grünen Strom im Netz hätten, weswegen ja Windanlagen vor der Küste wichtig seien. Das ist allerdings wenig zielfüghrend, da wir unseren Strom nahezu ausschließlich aus Deutschland importieren und der Anteil an eigener Eigenererzeugung derart verschwindend gering ist, daß da kaum jemals ein großer Überschuß entsteht. Denn so wie das Luxemburger Netz aufgebaut ist, reduziert eine größere momentane Erzeugung im Land ganz banal die Importmenge in dem Augenblick.

Zudem kann die Elektrolyse die genannte Jahresmenge gar nicht erzeugen, wenn das nur in Überschußmomenten geschieht. Die Anlage muß fast ständig laufen, um wirtschaftlich sein zu können. Läuft sie weniger oft, entsteht dasselbe Problem wie seinerzeit bei der Twinerg. Die Anlagenkosten müssen dann auf zu wenig Produktion umgelegt werden, was die stark verteuert und unwirtschaftlich macht.

Nett an der Geschichte ist nur, daß die Regierung nach 10 Jahren endlich einsieht, daß es ohne Wasserstoff nicht geht mit Wasser-, Wind- und Sonnenenergie allein. Positiv ist auch die Mitteilung, Luxemburg werde nie autark mit Wasserstoff funktionieren können, müsse also welchen importieren. Bloß von wo? Reine Zukunftsmusik ist die Information, Creos mache mit der belgischen Netzgesellschaft Fluxis eine Studie für den Anschluß Luxemburgs ans belgische Wasserstoff-Pi­pelinenetz und die Regierung wolle schauen, daß die Verbindung von Deutschland und Frankreich nicht an Luxemburg vorbeigeht.

So wie es einstweilen ausschaut, helfen die Subventionen, die selbst für Kleinbetriebe nie über 50 Prozent der Investition gehen, nicht zur Rettung der Industrie hierzulande. Es ist Sterbehilfe, auch wenn eine Verwaltungsvereinfachung versprochen wird, um an die Staatskohle zu kommen. Ob das so viel einfacher wird, darf auch noch hinterfragt werden, denn nur Klein- und Mittelbetriebe können für Subventionen bis 100.000 Euro einfach so mal einen Antrag stellen und müssen dann in 3 Monaten eine Antwort bekommen. Großbetriebe müssen auf eine Ausschreibung antworten, wobei die auch noch konkurrentiell sein kann. Die Antwort muß dann zwar in 6 Monaten da sein, aber was hilft das wirklich?