Präsident der Oligarchen
Bananenunternehmer Daniel Noboa wird Staatschef von Ecuador
Der 35-jährige Bananenunternehmer Daniel Noboa ist am Donnerstag vergangener Woche in Quito als bisher jüngster Präsidenten in der Geschichte Ecuadors vereidigt worden. Als erste Amtshandlung rief das im Oktober mit über 52 Prozent der Stimmen gewählte neue Staatsoberhaupt den Ausnahmezustand aus.
Anschließend kündigte Noboa Gesetzentwürfe zur Steuer- und Energiereform an. Sie seien ein erster Schritt, um die desolate Wirtschaftslage zu verbessern, neue Jobs zu schaffen und die Gewalt einzudämmen, erklärte er in seiner Antrittsrede. »Ich glaube, daß wir alle wollen, daß das Land aus dem Zustand des Elends, der Gewalt, der Arbeitslosigkeit und der Vernachlässigung herauskommt«, sagte Noboa. An der Zeremonie hatten Staatsgäste aus zahlreichen lateinamerikanischen Ländern teilgenommen, darunter der kolumbianische Präsident Gustavo Petro.
»Um die Gewalt zu bekämpfen, müssen wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen«, umriß der ecuadorianische Staats- und Regierungschef seine künftigen Prioritäten. Laut offiziellen Angaben macht die informelle Arbeit derzeit mehr als 50 Prozent der Wirtschaft aus. Neben den beiden Gesetzesreformen, die zu weniger Energieimporten und Stromausfällen führen sowie Steuern für Unternehmen senken sollen, sind neue Bestimmungen zur Förderung der Einstellung insbesondere junger Menschen und eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Baumaterialien geplant.
Mit dem Hinweis, daß man nicht die gleiche Politik wie in der Vergangenheit wiederholen und dann erwarten könne, andere Ergebnisse zu erzielen, setzte Noboa sich von der Politik seiner Amtsvorgänger Lenín Moreno und Guillermo Lasso ab. Deren neoliberale Konzepte hatten Ecuador, das während der Regierungszeit des linken Präsidenten Rafael Correa (2007–2017) zu den friedlichsten Ländern Lateinamerikas gehört hatte, in einen Sumpf aus Armut, Ungleichheit, Korruption und Gewalt gestürzt.
Um einem Amtsenthebungsverfahren wegen Unterschlagung zu entgehen, hatte der Bankier Lasso im Mai das Parlament aufgelöst und vorgezogene Neuwahlen ausgerufen. Noboas Amtszeit endet deshalb bereits am 24. Mai 2025.
Das neue Kabinett steht vor zahlreichen Aufgaben. Die zunehmende Kriminalität ist neben Arbeitslosigkeit, prekären Arbeitsverhältnissen und Armut zum größten Problem geworden. Drogenkartelle und andere Bereiche des organisierten Verbrechens kontrollieren Teile der Wirtschaft und des Staatsapparats. Ecuador gehört mittlerweile zu den Ländern mit der höchsten Gewaltrate in der Region. Obwohl sich die von Lasso verordnete »Politik der eisernen Faust« als Mißerfolg erwies, setzt der neue Staatschef auf noch drastischere Maßnahmen. Als eine der Maßnahmen kündigte er die Gründung einer neuen Geheimdiensteinheit an, will die Einsatzkräfte mit taktischen Waffen versorgen und gefährliche Kriminelle auf Gefängnisbooten unterbringen.
Da Noboas Partei »Movimiento Acción Democrática Nacional« (ADN) bei den Parlamentswahlen am 15. Oktober nur 14 der insgesamt 137 Sitze ergattern konnte, ist der Millionär, den die mexikanische Tageszeitung »La Jornada« nach seiner Wahl als »Vertreter der oligarchischen Interessen, die Ecuador seit Jahrzehnten kontrollieren« bezeichnete, auf Bündnisse in der Nationalversammlung angewiesen. Stärkste Kraft ist dort die vom ehemaligen Präsidenten Rafael Correa gegründete linke »Revolución Ciudadana« (RC) mit 52 Abgeordneten, gefolgt von der rechtskonservativen Allianz »Construye« mit 29 Sitzen und dem rechten »Partido Social Cristiano« (PSC) mit ebenfalls 14 Sitzen sowie einigen kleineren Parteien.
Als erstes Ergebnis eines »Deals« zwischen den größeren Parteien wurde der konservative Geschäftsmann Henry Kronfle (PSC) am Samstag mit 128 Stimmen zum Präsidenten des Parlaments gewählt, Viviana Veloz (RC) und Eckenner Recalde (ADN) werden seine Stellvertreter.