Ausland17. März 2022

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Protest am Flughafen Pisa und im Hafen von Livorno

Arbeiter verweigern Waffenlieferung an die Ukraine

Arbeiter am Flughafen Galileo Galilei in Pisa weigern sich seit Montag, eine Luftfracht zu beladen, die als »humanitäre Hilfslieferung« für die Ukraine getarnt wird. Die Kisten enthielten keine Lebensmittel und Medikamente, sondern Waffen, Munition und Sprengstoff, teilte die Gewerkschaft Unione Sindacale di Base (USB) mit. »Wir verurteilen diese offenkundige Betrugsaktion auf das Schärfste, die auf zynische Weise die ‚humanitäre Hilfe‘ als Vorwand benutzt, um den Krieg in der Ukraine anzuheizen«, erklärte die Gewerkschaft.

Bereits Anfang des Monats war aufgedeckt worden, daß der Flughafen von Pisa als Umschlagplatz für Waffen und Munition, darunter Stinger-Raketen und Panzerabwehrwaffen, genutzt wird, die über den polnischen Flughafen Rzeszów in die Ukraine geschickt werden.

Inzwischen schlossen sich die Hafenarbeiter im nahe gelegenen Livorno dem Protest an. Die USB-Sektion von Porto Livorno erklärte: »Wir stehen an der Seite des Volkes der Ukraine, des Donbass und Rußlands, und wir wollen uns nicht in diesen Konflikt einmischen.« Außerdem rief die Gewerkschaft alle Beschäftigten auf, die Verladung von Waffen und Sprengstoff zu verweigern, und forderte einen sofortigen Waffenstillstand und Friedensgespräche zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine. Für Samstag wird zu einer Manifestation für den Frieden am Flughafen Pisa aufgerufen.

 

Patentschutz für Impfstoff

Nach monatelangem Tauziehen zeichnet sich in der Welthandelsorganisation (WTO) ein Kompromiß über die begrenzte Freigabe von Patenten für Corona-Impfstoffe ab. Eine prinzipielle Einigung erzielten die EU, Indien, Südafrika und die USA, sagte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala am Mittwoch in Genf. Dem Vernehmen nach soll die Freigabe der Patente zeitlich und auf Länder beschränkt bleiben, die bestimmte Kriterien erfüllen. Die genauen Einzelheiten waren noch unklar. Zudem müssen die 164 WTO-Mitglieder zustimmen. In der WTO wird im Konsens entschieden.

 

NATO-Waffen erbeutet

Soldaten der Volksrepubliken Lugansk und Donezk beginnen spezielle Ausbildungs- und Umschulungskurse für den Umgang mit den westlichen Panzerabwehrraketensystemen Javelin und NLAW, die in Waffendepots von fliehenden ukrainischen Truppen zurückgelassen wurden. Von den ukrainischen Truppen erbeutete Waffen und Ausrüstung werden den Volksmilizen der Republiken überlassen – und nötigenfalls werden deren Kämpfer auch daran ausgebildet, erklärte das russische Militär. Die tragbaren Panzerabwehrraketensysteme FGM-148 Javelin wurden 1989 von einem Joint Venture zwischen den US-Unternehmen Raytheon TI System und Lockheed Martin entwickelt. Die NLAW wurde von der schwedischen Firma Saab entwickelt und stellt eine Art Zwischengattung zwischen gelenkten und ungelenkten Waffen dar. Beide Systeme wurden im Rahmen von Militärhilfen seitens der USA und anderen NATO-Staaten an die Ukraine geliefert.

 

Selenski fordert mehr Hilfe des Westens

Gespräche werden konkreter. »Sonderzug nach Kiew« provoziert EU und Rußland

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat in einem dringlichen Appell vor beiden Kammern des USA-Kongresses mehr Unterstützung der westlichen Verbündeten gefordert. Es müsse jede Woche neue Sanktionen gegen Rußland geben, während die Ukraine dringend mehr Waffen und eine Flugverbotszone brauche, sagte Selenski am Mittwoch per Videolink aus Kiew vor Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses der USA.

Eine »humanitäre Flugverbotszone« sei notwendig, damit Rußland die ukrainischen Städte nicht mehr »terrorisieren« könne. »Das ist ein Terror wie ihn Europa seit 80 Jahren nicht mehr erlebt hat«, sagte Selenski, der somit auch den Krieg der NATO gegen Jugoslawien ignoriert. »Das ukrainische Volk verteidigt nicht nur die Ukraine, es kämpft für die Werte Europas und der Welt«, fügte er hinzu. An die Adresse von USA-Präsident Joe Biden sagte Selenski: »Ich wünsche Ihnen, der Anführer der Welt zu sein. Der Anführer der Welt zu sein bedeutet, der Anführer des Friedens zu sein.«

Rußland hat die USA mit Nachdruck aufgefordert, ihre Waffenlieferungen an die Ukraine zu beenden. Auch die Unterstützung der Einreise ausländischer Kämpfer in die Ukraine müsse gestoppt werden.

Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Rußland werden offensichtlich konkreter. Es würden Dokumente ausgearbeitet für mögliche direkte Gespräche zwischen Staatschef und dem russischen Präsidenten Putin, sagte der ukrainische Präsidentenberater Michajlo Podoljak. Derzeit würden Dokumente ausgearbeitet, welche die Staatschefs dann vereinbaren und unterzeichnen können. »Das könnte schon bald passieren.«

Mit einem Sonderzug sind die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien am Dienstag nach Kiew gereist. Sie wollten so »ihre Unterstützung für den Freiheitskampf der Ukraine« signalisieren. »Hier, im kriegszerstörten Kiew, wird Geschichte geschrieben«, schreibt Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki auf Twitter. Und postet Bilder, die ihn mit seinem Stellvertreter Jaroslaw Kaczynski sowie Tschechiens Ministerpräsidenten Petr Fiala und seinem slowenischen Kollegen Janez Jansa an einem Tisch mit einer Karte der Ukraine zeigten (Foto).

Die Reise sei »unter strengster Geheimhaltung« geplant worden, hieß es in Warschau. Aus EU-Kreisen heißt es, es gebe kein offizielles Mandat des Europäischen Rates, da formell kein Beschluß der 27 EU-Länder gefaßt worden sei.

Zwischen Rußland und der Ukraine wurden die am Montag vertagten Gespräche fortgesetzt. Die Gespräche seien »konstruktiver« geworden, sagte der ukrainische Präsidentenberater Ihor Showkwa.

 

Putin mit scharfer Kritik an Westen

Moskau – Fast drei Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine hat Präsident Wladimir Putin schwere Vorwürfe gegen den Westen erhoben. Die westlichen Schutzherren drängten die Ukraine zu einer Fortsetzung des Blutvergießens. Sie lieferten Waffen, Informationen und schickten Söldner in das Nachbarland, sagte Putin in Moskau bei einer Sitzung zur sozialen und wirtschaftlichen Lage. Rußland werde aber nicht zulassen, daß die Ukraine zum Aufmarschgebiet einer Aggression gegen Rußland werde.

Er verteidigte erneut den Militäreinsatz im Nachbarland: »Alle diplomatischen Möglichkeiten waren ausgeschöpft.« Zugleich versicherte Putin, daß russische Truppen nahe Kiew oder anderer Städte nicht bedeuten, daß sie die Ukraine besetzen wollten. »Ein solches Ziel haben wir nicht.« Zu den beispiellosen Sanktionen gegen Rußland sagte Putin, die russische Wirtschaft werde sich an die Gegebenheiten der westlichen Sanktionen anpassen. Der »Plan eines ökonomischen Blitzkriegs gegen Rußland« sei nicht aufgegangen. Er versprach der russischen Bevölkerung Hilfen und Erleichterungen.

An die Bürger westlicher Länder gerichtet sagte Putin: »Wenn man Sie jetzt mit Nachdruck überzeugen will, daß ihre Schwierigkeiten das Ergebnis feindlicher Handlungen Rußlands sind, daß aus ihrer Tasche der Kampf gegen eine erdachte russische Bedrohung bezahlt werden muß – dann ist das eine Lüge.«

 

Konkurrenzkampf gegen China

Brüssel – Die Europäische Union hat zusätzliche Zölle auf bestimmte Stahlprodukte aus Indonesien und Indien eingeführt. Die sogenannten Ausgleichszölle auf kaltgewalzte Flacherzeugnisse rostfreien Stahls sollen nach Angaben der EU-Kommission von Mittwoch einer »Quersubventionierung durch China« entgegentreten. So solle sichergestellt werden, daß diese Waren weiter in der EU wettbewerbsfähig erzeugt werden könnten.

Mit Hilfe von chinesischen Subventionen baut Indonesien nach Angaben der Kommission eine verarbeitende Industrie auf. Im Gegenzug beschafft das Land China Nickelerz zu günstigen Preisen, denn Indonesien ist einer der größten Nickelerz-Produzenten der Welt. Die EU-Industrie sei einerseits durch die Einfuhr von dem subventionierten rostfreiem Stahl geschädigt, andererseits komplett vom indonesischen Markt für Nickelerz für die eigene Edelstahlproduktion abgeschottet worden, so die Kommission. Nickelerz ist ein Rohmaterial in der Stahlproduktion.

 

WHO warnt vor Aufhebung von Schutzmaßnahmen

Genf – Angesichts weltweit wieder steigender Corona-Zahlen warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einem zu frühen Ende von Schutzmaßnahmen. Dazu gehören etwa das Tragen von Masken und Abstand halten. Wenn die Maßnahmen aufgehoben würden, habe das Virus mehr Möglichkeiten zu zirkulieren, sagte Maria von Kerkhove, WHO- Covid-19-Spezialistin, am Mittwoch in Genf. Problematisch sei, daß weltweit inzwischen deutlich weniger getestet werde. Damit sei es schwerer, die Ausbreitung von Varianten zu überwachen.

Van Kerkhove warnte vor falschen Annahmen: daß die Pandemie vorbei sei oder daß die Omikron-Variante ungefährlich sei. Nach wie vor liefen vor allem ältere, kranke und ungeimpfte Menschen Gefahr, bei einer Infektion schwer an Covid-19 zu erkranken. Die Werkzeuge, um das Virus einzudämmen, seien aber vorhanden: dazu gehörten Maßnahmen wie das Tragen von Masken und Abstand halten ebenso wie Impfungen.

 

Brisante Vorschläge der NATO zur Ostflanke

Brüssel – NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat brisante Vorschläge zur »dauerhaften Verstärkung der Ostflanke« unterbreitet. Die zum Minister-Treffen vorgelegten Pläne würden aus russischer Sicht vermutlich gegen die NATO-Rußland-Grundakte verstoßen. Über sie hat sich die NATO unter anderem verpflichtet, auf die dauerhafte Stationierung »substantieller Kampftruppen« im östlichen Bündnisgebiet zu verzichten.

Details zu den als geheim eingestuften Vorschlägen wurden zunächst nicht genannt. Diplomaten betonten allerdings, daß Rußland nicht erwarten könne, daß sich die NATO nach dem russischen Angriff gegen die Ukraine noch an alle Vereinbarungen der NATO-Rußland-Grundakte von 1997 halte. Stoltenberg selbst hatte zuletzt ausweichend auf die Frage geantwortet, ob das Militärbündnis die NATO-Rußland- Grundakte nach der russischen Invasion in die Ukraine für obsolet hält.

 

Flugabwehrraketen in die Slowakei

Husum – Die deutsche Bundeswehr hat mit einer Verlegung des Flugabwehrraketensystems Patriot in die Slowakei begonnen. Fahrzeuge mit Ausrüstung und Waffensystemen setzten sich am Mittwoch in Husum (Schleswig-Holstein) in Bewegung. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Soldaten mit ihrer Stationierung einen Beitrag zum »Schutz des an die Ukraine grenzenden NATO-Partners« leisten. Das Patriot-System (»Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target«) dient zur Bekämpfung von Flugzeugen, taktischen ballistischen Raketen und Marschflugkörpern.

Das slowakische Parlament hatte am Vorabend mit Mehrheit für die Stationierung deutscher und anderer NATO-Truppen gestimmt. Der mit den Bündnispartnern abgesprochene Regierungsplan sieht die Stationierung von 2.100 Soldaten vor. Davon soll der mit 700 größte Teil aus Deutschland kommen, weitere 600 werden aus Tschechien, 400 aus den USA, 200 aus den Niederlanden und je 100 aus Polen und Slowenien erwartet.

 

 


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