Leitartikel06. Juli 2024

Wofür die »Zeitung« steht

von Ali Ruckert

Das 48. »Wisefest« der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«, welches an diesem Wochenende an zwei Tagen in Sanem stattfindet, fällt praktisch zusammen mit dem 78. Jahrestag des Erscheinens der ersten Ausgabe der »Zeitung« am 1. Juli 1946. Bis zu jenem Datum hieß die kommunistische Zeitung »Volksstimme« und erschien seit der Mitte der 1930er Jahre als Wochenzeitung, sieht man einmal davon ab, dass sie 1940 von den faschistischen deutschen Besatzern verboten wurde und anschließend bis August 1942, illegal hergestellt auf einem Abziehgerät, unter dem Namen »Die Wahrheit« verbreitet wurde.

Als der Übergang von der Wochen- zur Tageszeitung erfolgte, war es zu keinem Moment die Absicht der Zeitungsgründer, ein »Parteiblatt« mit ausschließlich politischen Informationen für die Mitglieder der KPL herzustellen. Es sollte vielmehr eine Tageszeitung für allgemeine Informationen und Meinungsbildung für die schaffenden Menschen werden.

Die Werte, auf die sich die Zeitung damals stützte –sozialer und gesellschaftlicher Fortschritt, Laizismus, Solidarität, Antikolonialismus, Antirassismus und Antimilitarismus – haben sich seither nicht geändert. Als es mit Inkrafttreten des neuen Pressegesetzes vor vier Jahren galt, die redaktionelle Linie der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« zu definieren, wurden ausdrücklich diese Werte genannt.

Als Ziel wurde ausgegeben, die Leserinnen und Leser umfassend und objektiv über alle wichtigen politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignisse zu informieren und – in einer Welt, die zunehmend komplizierter wird und in der Fakenews nicht nur in sozialen Medien, sondern zunehmend auch von Presseagenturen und »staatstragenden« Medien verbreitet werden – ihnen eine Orientierung zu bieten, welche sie in die Lage versetzt, nationale und internationale Geschehnisse besser zu verstehen und einzuordnen.

Dazu zählt, dass die »Zeitung« der Arbeitswelt, die in vielen Medien als Randerscheinung behandelt wird, breiten Raum einräumt, Arbeitervertreter in ihren Spalten zu Wort kommen lässt und über die Betriebe aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor berichtet, insbesondere dann, wenn gewerkschaftliche Aktionen für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen anstehen oder es deutlich zu machen gilt, dass der Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit auch dann fortbesteht, wenn versucht wird, das mit der »Alle in einem Boot«-Ideologie zu übertünchen.

Die kommunistische Tageszeitung ist aber auch deshalb einzigartig hierzulande, weil sie zu keinem Moment mit den Wölfen heult, sondern ohne Tabus über Aufrüstung und Militarisierung berichtet, die Hintergründe der Kriege in der Ukraine, in Palästina und anderswo offenlegt und aufdeckt, wer daran verdient.

Dass sie je nach Bedarf seitens der systemkonformen Parteien und Medien, totgeschwiegen oder ausgegrenzt wird, hat auch damit zu tun, dass die »Zeitung« Partei ergreift, wenn es darum geht, die sozialen Forderungen der Gewerkschaften zu unterstützen, die Jugend- und Umweltbewegung zu ermutigen, die Konsequenzen des Klimawandels nicht hinzunehmen und sich an der Seite der KPL für eine Systemänderung einzusetzen, weg von der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft, hin zu einer demokratischen, sozial gerechten und friedlichen Gesellschaft, in der die Werte, die in der redaktionellen Linie der »Zeitung« festgehalten sind, respektiert werden.

Eine solche Zeitung braucht und verdient die Unterstützung und die Solidarität der Schaffenden, damit sie ihrer Rolle heute und in Zukunft besser gerecht werden kann.