Zeichen an die Welt
China geht auf Syrien zu
Auf Einladung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping hat sich der syrische Präsident Baschar Al Assad rund eine Woche in China aufgehalten. Begleitet wurde Assad von seiner Frau Asma und einer Delegation aus Ministern, darunter Außenminister Feisal Mekdad, und Beratern.
Bereits am vergangenen Freitag waren die beiden Präsidenten in Hangzhou, der Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Zhejiang zu einem ersten Gespräch zusammengetroffen. Bei einer anschließenden Pressekonferenz teilten Xi und Assad die Vereinbarung einer strategischen Partnerschaft zwischen China und Syrien mit. In Syrien hofft man auf wirtschaftliche Entwicklung.
Neben zahlreichen anderen Präsidenten und Staatsführern sowie IOC-Präsident Thomas Bach hatten die Assads am vergangenen Samstag an der Eröffnungsfeier der 19. Asiatischen Spiele in Hangzhou teilgenommen. Zusätzlich zu einem touristischen Programm für die syrischen Gäste gab es zahlreiche Gespräche, bei denen der bilaterale Handel im Rahmen des Projekts der Neuen Seidenstraße im Mittelpunkt standen.
Am Montag reiste die syrische Delegation nach Peking. Präsident Assad traf mit zahlreichen Politikern zusammen, der chinesische Ministerpräsident Li Qiang begrüßte Assad in der Großen Halle des Volkes. Li erklärte, man werde konkrete Schritte für die Zusammenarbeit mit Syrien ausarbeiten. Assad bedankte sich für die Unterstützung Chinas bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Dabei hob er die umfassende Hilfe Chinas für die Bevölkerung und nach dem Erdbeben im Februar 2023 hervor.
Präsidentengattin Asma al Assad traf sich mit Studenten der Peking Universität für Fremdsprachen und Ausländische Studien. In der syrischen Botschaftsresidenz in Peking tauschten sich die Assads mit Syrern aus, die in China leben, arbeiten und studieren.
Strategische Partnerschaft
Schon ein beim ersten Treffen zwischen Xi Jinping und Baschar Al-Assad am Freitag hatte der chinesische Präsident die Richtung für die zukünftigen Beziehungen beider Länder vorgegeben. Dabei verwies Xi auf die Geschichte beider Staaten nach dem Ende des 2. Weltkriegs und der Gründung der Organisation der Vereinten Nationen. Im Oktober 1945 hatten die USA und die Sowjetunion die Unabhängigkeit Syriens anerkannt und das Land, ebenso wie den Libanon als Gründungsmitglieder der UNO eingeladen. Syrien gehörte zu den ersten arabischen Staaten, die nach der Gründung der Volksrepublik China im Oktober 1949 diplomatische Beziehungen aufnahmen und unterstützte die Volksrepublik als Ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat.
Die Handelsbeziehungen zwischen China und Syrien gehen weit zurück in die Geschichte, als Osten und Westen durch die historische Seidenstraße verbunden war. Damaskus und Aleppo gehörten in der Levante zu den wichtigsten Handelsplätzen dieser historischen Verbindung, die China nun seit zehn Jahren mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße zu Land und zu Wasser neu belebt hat.
Die strategische Partnerschaft bezeichnete Xi laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua als »wichtiges Etappenziel« der bilateralen Beziehungen. Unter Wahrung der jeweiligen Interessen biete China Syrien die Zusammenarbeit an, so der chinesische Präsident. Konkret nannte Xi Unterstützung Syriens im Kampf gegen ausländische Einmischung, gegen unilaterale Machtansprüche und Drohungen. China werde sich für die Wahrung der nationalen Unabhängigkeit, der Souveränität und der territorialen Integrität Syriens sowie für die Aufhebung der Sanktionen der USA und der EU gegen Syrien einsetzen. In den letzten Jahren hat China – an der Seite der Russischen Föderation – diese Unterstützung als Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat wiederholt deutlich gemacht.
China werde Syrien beim Wiederaufbau unterstützen und helfen, den anti-terroristischen Abwehrkampf des Landes auszubauen. China fördere eine politische Lösung in Syrien nach dem Prinzip »unter syrischer Führung und in syrischer Verantwortung«, sagte Xi. Die strategische Partnerschaft werde zudem die Beziehungen Syriens zu anderen Staaten voranbringen. Syrien müsse international und regional wieder eine größere Rolle spielen, hob Xi hervor und betonte die Vertiefung der Beziehungen Syriens zu den arabischen Staaten der Region.
China sei bereit, die Zusammenarbeit mit Syrien im Rahmen des neuen Seidenstraßenprojekts zu stärken, man werde qualitativ hochwertige landwirtschaftliche Produkte aus Syrien importieren. Die engere Zusammenarbeit beider Länder werde regional und global Frieden und Entwicklung fördern.
Der lange Weg der Zusammenarbeit
Seit Mitte 2021 führen China und Syrien Gespräche über die Teilnahme Syriens an dem Projekt der neuen Seidenstraße. Anfang November 2021 bekräftigte der syrische Präsident Assad in einem Telefonat mit Präsident Xi Jingping das Interesse und die Bereitschaft Syriens, dem Projekt beizutreten. Im Januar 2022 unterzeichneten Syrien und China eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) über die Zusammenarbeit. Bei einem Treffen zwischen Assad und dem chinesischen Sonderbeauftragten für den Mittleren Osten, Zhai Jun, im April 2023 wurde auch über die Loslösung Syriens vom US-Dollar-System im internationalen Handel gesprochen. Im Rahmen einer angestrebten »De-Dollarisierung« – mit der die Auswirkungen der einseitigen wirtschaftlichen Sanktionen von EU und USA zumindest gemildert werden sollen – haben inzwischen zahlreiche Staaten ihre bilateralen Handelsbeziehungen mit China, Rußland und Iran auf die jeweilige nationale Währung umgestellt.
Auch wenn bisher jenseits von Absichtserklärungen keine konkreten Verträge zwischen China und Syrien bekannt geworden sind, dürfte die Aufnahme Syriens in das Projekt der Neuen Seidenstraße seine Beziehungen zu anderen Teilnehmerstaaten der Region wirtschaftlich und politisch stärken.
Die Einladung und der Besuch Assads in China war unmittelbar nach der Entscheidung der USA bekannt geworden, einen internationalen grünen Transitkorridor von Indien über Saudi-Arabien, Jordanien und Israel nach Europa finanziell zu unterstützen. Die Vereinbarung war am Rande des G20-Gipfeltreffens in Neu Dehli unterzeichnet worden und wurde in internationalen Kommentaren und Medienberichten als »Gegenprojekt zur chinesischen Neuen Seidenstraße« dargestellt. Das Projekt ist Teil des EU-Projekts »Global Gateway«, das sich mit einem Investitionsvolumen von 300 Milliarden Euro explizit gegen China positioniert.